Italien
Streit um Koma-Patientin Eluana Englaro eskaliert
19.12.2008
Schon im November entschied ein Gericht, dass die künstliche Ernährung der Frau eingestellt werden darf, der Sozialminister verbat die Sterbehilfe.
Um den Fall der italienischen Koma-Patientin Eluana Englaro eskaliert der Streit zwischen der Regierung Berlusconi und dem Justizwesen. Marcello Matera, Generalstaatsanwalt des Kassationsgerichts, betonte, dass der Beschluss, mit dem das höchste Berufungsgericht Mitte November juristisch den Weg für einen Abbruch der Ernährung für die 38-jährige Frau freigemacht hatte, respektiert werden müsse.
Arbeits- und Sozialminister verbat Beendigung der künstlichen Ernährung
"Sollte
sich kein Krankenhaus bereiterklären, Eluana in den Tod zu begleiten, könnte
sich die Familie theoretisch an die Polizei wenden, um die Umsetzung des
Kassationsbeschlusses zu verlangen", sagte der Jurist. Die Familie Englaro
kämpft seit über zehn Jahren auf juristischem Weg, um die künstliche
Ernährung für Eluana zu beenden. Seit November erhielt Eluanas Vater Beppino
Englaro vom Kassationsgericht, der letzten Instanz im italienischen
Justizwesen, die Genehmigung, die künstliche Ernährung abzubrechen. Arbeits-
und Sozialministers Maurizio Sacconi schaltete sich jedoch diese Woche ein
und verbat allen öffentlichen und privaten Krankenhäusern in Italien die
künstliche Ernährung für Eluana abzubrechen. Eluana Englaro liegt seit einem
Autounfall vor rund 17 Jahren im Koma.
"Die Gerichtsbeschlüsse müssen respektiert werden. Wir können natürlich nicht ignorieren, dass es sich hier um einen Fall handelt, der das Gewissen der Menschen zutiefst berührt. Als Richter müssen wir aber hervorheben, dass in einer Demokratie und in einem Rechtsstaat die Gerichtsbeschlüsse umgesetzt werden müssen", erklärte der Präsident des italienischen Richterverbands ANM, Luca Palamara.
Private Klinik würde Eluana aufnehmen
Das Krankenhaus "Città
di Udine" in der friaulischen Stadt hat sich zur Aufnahme der Patientin
bereiterklärt. Über 20 Fachärzte will das Hospital zur Verfügung stellen, um
Eluana in den Tod zu begleiten. Die private Klinik hat sich mit Eluanas
Vater Beppino Englaro bereits über eine medizinische Prozedur geeinigt, die
den Abbruch der künstlichen Ernährung und den Tod der Koma-Patientin in 15
Tagen vorsieht. Nach dem Tod der Patientin soll eine Obduktion durchgeführt
werden.
Die Leiter der Klinik scheinen entschlossen, dem Veto der Regierung zu trotzen und Eluana aufzunehmen. Gerüchten zufolge könnte Eluana Englaro noch diese Woche das Krankenhaus in ihrer Heimatstadt Lecco verlassen, in der sie sich seit dem Unfall befindet, um im Krankenwagen nach Udine gebracht zu werden.
Vatikan kämpft gegen Sterbehilfe
Der Vatikan kämpft
unterdessen weiter, um Eluana am Leben zu halten. Der Präsident der
Päpstlichen Akademie für das Leben, Erzbischof Rino Fisichella, warnte vor
dem qualvollen Tod, den Eluana erleiden werde. Niemand habe das Recht, einem
Menschenleben ein Ende zu setzen. Er lobte Minister Sacconi für seine
"mutige" Initiative. Kein italienischer Richter könne ein Krankenhaus
zwingen, einen Menschen zum Tod zu verurteilen.