Hilfsorganisationen warnen. Die britische Regierung spricht von 217.000 Toten oder Vermissten. Die UN warnt vor Seuchen und Krankheiten.
In Burma drohen tausende Kleinkinder zu verhungern, wenn sie nicht schleunigst nahrhaftes Essen bekommen. Mit diesem Schreckensszenario schlug die Hilfsorganisation Save the Children am Sonntag Alarm. Ein hochrangiger UNO-Diplomat war nach Rangun unterwegs, um persönlich an die Militärjunta zu appellieren, endlich internationale Helfer in das Katastrophengebiet zu lassen. Der britische Premierminister Gordon Brown verurteilte das Regime als "menschenverachtend". Es werde dafür zur Rechenschaft gezogen, dass es die Landsleute im Stich lasse.
Etwa 60 Diplomaten und UNO-Vertreter durften am Samstag unter Militäraufsicht erstmals in das Irrawaddy-Delta. Vor der Küste kreuzten Kriegsschiffe aus Frankreich, den USA und Großbritannien mit tausenden Tonnen Hilfsgütern an Bord und warteten auf eine Entladeerlaubnis.
Schlimme Zustände
Nach Angaben von Save the Children waren
in der Region schon vor dem Zyklon, der in der Nacht auf den 3. Mai nach
Schätzungen mehr als 130.000 Menschenleben forderte, 30.000 Kinder
unterernährt. "Wir sind in größter Sorge, denn viele Kinder in den
betroffenen Gebieten leiden schon unter akuter Unterernährung, der
schwersten Form von Hunger. Wenn hungernde Menschen dieses Stadium erreicht
haben, können sie innerhalb weniger Tage sterben", sagte Jasmine Whitbread
in London. Vor allem Kleinkinder seien in Gefahr.
Die Diplomaten und UNO-Mitarbeiter wurden im Irrawaddy-Delta mit Armeehubschraubern nur in Ortschaften wie Pyapon und Bogalay gebracht, wo die Armee Zelte für Überlebende aufgebaut hat. Sie sahen einige hundert gut versorgte Zyklon-Opfer. "Was sie gezeigt haben, sollte den Anspruch unterstreichen, dass alles bestens organisiert ist", sagte ein Teilnehmer. Hilfsorganisationen berichten, dass weiter Zehntausende ohne jegliche Hilfe ausharren.
Hilfslieferung aus Japan
Am Sonntag kam in Rangun eine
Hilfslieferung aus Japan mit Wassertanks, Generatoren und Zelten an. Das
Material wurde wie vorgeschrieben zur Verteilung an die Armee übergeben. Nur
einheimische Mitarbeiter etablierter Hilfsorganisationen dürfen selbst ins
Katastrophengebiet. Ein Ärzteteam aus Thailand traf am Samstag ein, darf
sich aber nur im Großraum Rangun bewegen. Die Helfer mussten am Samstag vier
Stunden auf Landerlaubnis für ihr Flugzeug warten. Das Team soll bis Ende
Mai bleiben.
Der für Asien zuständige britische Minister Mark Malloch Brown versuchte in Rangun die Junta zu bewegen, wenigstens mehr Hilfe von den asiatischen Nachbarstaaten zu akzeptieren. Die Außenminister der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN wollten sich am Montag in Singapur treffen. Burma ist Mitglied, und sein Außenminister Nyan Win wurde bei den Beratungen erwartet. Der UNO-Koordinator für humanitäre Hilfe, John Holmes, sollte am Sonntagabend in Rangun eintreffen. Er hat einen dritten Brief von Generalsekretär Ban Ki-Moon an Juntachef Than Shwe dabei. Die ersten beiden blieben unbeantwortet. Than Shwe hat nach Angaben der Vereinten Nationen auch keine Telefonanrufe von Ban entgegengenommen.
1.000 Tonnen Hilfsgüter auf Flugzeugträger vor Burma
Der
französische Flugzeugträger "Mistral" kreuzt seit Samstag vor der
burmesischen Küste. Das Schiff hat gut 1.000 Tonnen Hilfsgüter an Bord,
darunter Nahrungsmittel, mit denen 100.000 Menschen zwei Wochen versorgt
werden könnten, sowie Notunterkünfte für 60.000 Menschen. "Wir können nicht
mit verschränkten Armen abseitsstehen, wenn wir die Mittel in der Gegend
haben, die es uns erlauben, den Menschen zu helfen", sagte
Verteidigungsminister Herve Morin im Rundfunk. Eine Erlaubnis, die Hilfe
auszuliefern, gab es allerdings nicht. Ein Versuch Frankreichs, die
Machthaber mittels einer UNO-Resolution zur Kooperation zu zwingen,
scheiterte bisher am Widerstand Chinas.