Der Absturz des Unglücksjets ist inzwischen bestätigt. Man rechnet nicht mehr mit Überlebenden. Von der Blackbox erhofft man sich neue Erkenntnisse. Ob man sie je findet, ist aber mehr als unsicher.
Nach dem Fund weit verstreuter Wrackteile der abgestürzten Air-France-Maschine im Atlantik rechnen französische Behörden nicht mehr damit, Überlebende zu finden. Trotz der groß angelegten Suche mit Schiffen und Tauchrobotern äußerten Experten am Mittwoch auch wenig Hoffnung, die Flugschreiber des Flugzeugs im tiefen Meer zu bergen.
Unterdessen gedenken Menschen weltweit der 228 Opfer. Die brasilianische Regierung ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. In Paris gedachten Angehörige und Regierungsvertreter in einer Messe der 228 Opfer des Absturzes. An der Messe nahmen Präsident Nicolas Sarkozy, dessen Frau Carla Bruni und Ex-Präsident Jacques Chriac teil.
Liste der unsichersten Fluglinien der Welt (Flugverbot im europäischen Luftraum)
Aufklärungsflugzeuge entdeckten im Atlantik weitere und größere Wrackteile der Maschine, die am Montag auf dem Weg von Brasilien nach Paris abgestürzt war und mit der auch eine junge Tirolerin unterwegs waren. Die Trümmer seien im Radius von fünf Quadratkilometern verstreut, sagte ein brasilianischer Armeesprecher. Gesichtet wurde unter anderem ein etwa sieben Quadratmeter großes Metallteil sowie eine 20 Kilometer lange Treibstoffspur.
Nach Angaben von Air France befanden sich Menschen aus 32 Ländern an Bord des Unglücksflugzeugs. Die Maschine vom Typ A330-200 war am Montag auf dem Flug von Rio de Janeiro nach Paris verunglückt. "Theoretisch" könnten die Flugschreiber zwar den Wasserdruck in bis zu 6.000 Meter Tiefe aushalten und dank der von ihnen ausgesendeten Signale geortet werden, sagte eine Sprecherin der französischen Ermittlungsbehörde BEA. Es sei so tief noch nie eine Blackbox gefunden worden.
An der Suche beteiligte sich neben brasilianischen und französischen Maschinen auch ein US-Flugzeug. Frankreich schickte sein modernstes Meeresforschungsschiff los, dessen Tauchroboter die Flugschreiber bis zu 6000 Meter tief bergen könnten. Die französische Luftfahrtbehörde BEA zweifelt jedoch daran, dass die beiden Flugschreiber jemals gefunden werden. Sie lägen wahrscheinlich sehr tief auf dem Meeresgrund, der von Unterwasserbergen zerklüftet sei, sagte BEA-Leiter Paul Louis Arslanian. Er sei deshalb "nicht besonders zuversichtlich"; möglicherweise würden die Flugschreiber nie entdeckt werden.
"Kein Zweifel"
Brasiliens Verteidigungsminister Nelson Jobim hatte am Dienstagabend in Rio bestätigt, dass die rund 1200 Kilometer nordöstlich der brasilianischen Festlandküste entdeckten Wrackteile zu der Air-France-Maschine gehören. "Die Trümmer sind von dem (Air-France)-Flugzeug. Daran gibt es keine Zweifel." Die Fundstelle liegt 650 Kilometer nordöstlich der brasilianischen Insel Fernando de Noronha und in der Nähe der sogenannten Sankt-Peter-und-Pauls-Felsen, einer winzigen, kahlen und unbewohnten Inselgruppe im Atlantik.
Explodierte die Maschine in der Luft?
In der Zwischenzeit wurden weitere Details über den Unglücksflug bekannt. Die letzte automatische Nachricht sei gewesen, dass Messinstrumente am Cockpit vereist seien, berichtete die Zeitung "Le Parisien". Das könne dazu geführt haben, dass der Pilot falsche Informationen am Bordcomputer erhalten habe. Es werde auch nicht ausgeschlossen, dass die Maschine in der Luft explodiert sei. Dafür spreche die Tatsache, dass das Notfallsignal nicht funktioniert habe und die Trümmerteile weit verteilt seien.
Auch Promis an Bord
An Bord waren 228 Passagiere, darunter eine 27-jährige Tirolerin und das deutsche ThyssenKrupp-Steel-Vorstandsmitglied Erich Heine. Es ist die größte zivile Luftfahrt-Katastrophe seit 2001, als beim Absturz einer American-Airlines-Maschine kurz nach dem Start in New York 265 Menschen ums Leben kamen.
Metallteile und Kerosin
Die Hinweise auf die Absturzstelle der Air-France-Maschine hatten sich am Dienstag verdichtet, nachdem die brasilianische Luftwaffe einen auf dem Wasser treibenden Passagiersitz sowie Metallteile und Öl- und Kerosin-Spuren sichtete. Die Wrackteile seien auf eine Länge von fünf Kilometern verstreut, berichtete Jobim, der vor der Pressekonferenz im Hotel Windsor in Rio de Janeiro die Familien und Freunde der Opfer informiert hatte.
Die Schiffe könnten nicht schneller am Einsatzort sein, sagte der Minister. Allerdings halten sich an der Absturzstelle auch drei Handelsschiffe - zwei niederländische und ein französisches - auf. Möglicherweise können sie bei der Bergung der Wrackteile helfen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat keiner der Passagiere das Unglück überlebt. Jobim wollte aber nicht über die Überlebenschancen sprechen. "Die Suchoperation basiert auf Fakten und Resultaten, nicht auf Hypothesen", sagte er. Eine Air-France-Sprecherin kündigte für Mittwoch die Bekanntgabe der Passagierliste an.
4.000-Meter-Tiefe
Die Bergungsarbeiten dürfte sich als äußerst schwierig erweisen. Der Atlantik ist nach Angaben eines brasilianischen Ozeanologen an der Stelle bis zu 4000 Meter tief. Allerdings schwankt die Tiefe, weil der Atlantik in der Nähe der Fundstelle von Meeresgebirgen durchzogen wird. Auch die starke Strömung müsse bei der genauen Ortung des Wracks berücksichtigt werden.
Spezialschiff unterwegs
Frankreichs Regierung entsandte sofort nach der Sichtung der Wrackteile ein Spezialschiff in die Region. Es ist mit Tauchgeräten ausgestattet, die bis zu einer Tiefe von 6000 Metern arbeiten können. Mit ihnen ließen sich 97 Prozent des Meeresbodens untersuchen, teilte Verkehrsminister Jean-Louis Borloo mit.
Völlig unklar ist weiter die Absturzursache
Die Maschine war am Sonntag von Rio de Janeiro mit Ziel Paris gestartet. Über dem Atlantik verloren die Flugsicherheitsbehörden dann in der Nacht jeden Kontakt zu der Maschine. Es wird darüber spekuliert, ob ein Blitzschlag oder möglicherweise eine Explosion den Absturz verursachte. Letztlich wird nur die Blackbox des Flugzeuges konkreten Aufschluss geben können. Die Bergung dürfte aber aufgrund der Meerestiefe extrem schwierig und zeitaufwendig werden. Erschwert wird das Vorhaben voraussichtlich auch von schlechtem Wetter, wie es um diese Jahreszeit in der Region üblich ist.