Star-Minister geht

Aus für "Dr. Googleberg"

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Der deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg trat zurück.

Dienstag, 11.16 Uhr: Eine steile Karriere nimmt ein abruptes Ende. Freiherr Karl-Theodor zu Guttenberg (39) wirft das Handtuch. Der deutsche Verteidigungsminister kann nicht mehr. Ausgeschummelt.

Schon in der Früh hatten Gerüchte die Runde gemacht. Um 10 Uhr meldete die deutsche Bild – sie stärkte „KT“ stets den Rücken – online dann: „Guttenberg-Rücktritt“.

Guttenberg tritt zurück: Das Video

Merkel-SMS
Angela Merkel erwischte der Abgang eiskalt. Die deutsche Kanzlerin war gerade auf einem Rundgang auf der Techno-Messe CeBIT in Hannover, als sie eine SMS ereilte. Merkel gefror das Gesicht, sie verschwand sichtlich gezeichnet von der Bühne.

Kurze Zeit darauf zog „Dr. Googleberg“ – wie er auf Facebook und Twitter verrissen wurde – in seinem Verteidigungsministerium in Berlin den Schlussstrich: „Ich war immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht“, sagte er zur Presse. Er trat von allen politischen Ämtern zurück.

Guttenberg stürzte über die sogenannte Plagiats-­Affäre: Der Adelige hatte wesentliche Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben (siehe rechts), ohne diese Passagen als Texte anderer Autoren zu kennzeichnen. Er hatte die Vorwürfe zunächst abgestritten, später aber gravierende „handwerkliche Fehler“ eingeräumt und auf seinen Doktor-Titel verzichtet.

Das ist Karl-Theodor zu Guttenberg


Pin-up

Dabei hatte alles wie ein politischer Traum begonnen: Gemeinsam mit seiner bildhübschen Frau Stephanie (34), einer Ururenkelin von Reichskanzler Otto von Bismarck, lachte er flächendeckend von Titelseiten, brillierte in TV-Shows und galt bei seiner CSU sogar als kanzlerfähig. Stets trat der zweifache Familienvater jung, dynamisch, korrekt und mit frisch gegeltem Haar auf.

Internet-Opfer

Das alles nutzte nichts mehr: Tagelang ergossen sich Häme und Spott über Karl-Theodor. Tausende Deutsche suchten im Internet nach weiteren Plagiatstellen in Guttenbergs Arbeit und wurden fündig. Mehr als 30.000 Wissenschaftler sprachen von einer Verhöhnung ihrer Zunft, falls Guttenberg im Amt bleibe.

Trotzdem hielt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unverdrossen zum Verteidigungsminister. Bis zum Rücktritt, nun steckt Merkel im Schockzustand. Wer wird Guttenberg nachfolgen? Die CSU hat zwei Kandidaten: Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, der aber nicht will, oder Verteidigungsstaatssekretär Christian Schmidt könnten folgen.

Hoffen auf Comeback
Kaum zurückgetreten, gibt es aber schon die ersten Rufe nach einem politischen Comeback für Guttenberg. "Ich hoffe, dass er uns als Politiker erhalten bleibt und die Rückkehr so bald wie möglich stattfinden kann", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, der "Mitteldeutschen Zeitung". "Es gab Fälle, in denen sehr viel mehr kriminelle Energie bei Politikern vorhanden war, die dann zurückgekehrt sind, als bei Guttenberg."

Seite 2: Guttenbergs Abschied im Wortlaut

Abschied im Wortlaut:

"Ich habe die
Grenzen meiner Kräfte erreicht"

Gestern, 11.16 Uhr. Karl-Theodor zu Guttenberg tritt vor die Presse. 8 Minuten lang begründet er seinen Rücktritt, merklich bewegt.

  • Die Entlassung: „Ich habe in ­einem sehr freundschaftlichen Gespräch Bundeskanzlerin Angela Merkel informiert, dass ich mich von meinen politischen Ämtern zurückziehen werde, und um meine Entlassung gebeten. Es ist der schmerzlichste Schritt meines Lebens. Ich gehe ihn nicht allein wegen meiner so fehlerhaften Doktorarbeit – wiewohl ich verstehe, dass dies für große Teile der Wissenschaft ein Anlass wäre“.
     
  • Grund des Rücktritts: „Der Grund liegt im Besonderen in der Frage, ob ich den höchsten Ansprüchen, die ich selbst an meine Verantwortung anlege, noch nachkommen kann. Ich trage bis zur Stunde Verantwortung in einem fordernden Amt. Verantwortung, die möglichst ungeteilte Konzentration und fehlerfreie Arbeit verlangt: Mit Blick auf die größte Bundeswehrreform in ihrer Geschichte, die ich angestoßen habe, und mit Blick auf eine gestärkte Bundeswehr mit großartigen Truppen, die mir engstens ans Herz gewachsen sind. Wenn es auf dem Rücken der Soldaten nur noch um mich gehen soll, kann ich dies nicht mehr verantworten. Und deswegen ziehe ich – da das Amt, die Bundeswehr, die Wissenschaft und auch die mich tragenden Parteien Schaden zu nehmen drohen – die Konsequenz, die ich auch von anderen verlangt habe und verlangt hätte.“
  • Die Entschuldigung: „Ich habe, wie jeder andere auch, zu meinen Schwächen und Fehlern zu stehen. Zu großen und kleinen im politischen Handeln bis hin zum Schreiben meiner Doktorarbeit. Und mir war immer wichtig, diese vor der Öffentlichkeit nicht zu verbergen. Deswegen habe ich mich aufrichtig bei all jenen entschuldigt, die ich aufgrund meiner Fehler und Versäumnisse verletzt habe und wiederhole dies auch ausdrücklich heute.“
  • Der menschliche Grund: „Manche mögen sich fragen, weshalb ich erst heute zurücktrete. Zunächst ein möglicherweise für manche unbefriedigender, aber allzu menschlicher Grund. Wohl niemand wird leicht, geschweige denn leichtfertig das Amt aufgeben wollen, an dem das ganze Herzblut hängt. Ein Amt, das Verantwortung für viele Menschen und deren Leben beinhaltet.“
  • Der Anstand: „Nachdem dieser Tage viel über Anstand diskutiert wurde, war es für mich gerade eine Frage des Anstandes, zunächst die drei gefallenen Soldaten mit Würde zu Grabe zu tragen und nicht ihr Gedenken durch Debatten über meine Person überlagern zu lassen. Es war ein Gebot der Verantwortung gegenüber diesen, ja gegenüber allen Soldaten.“
     
  • Das Mitleid: „Wer sich für die Politik entscheidet, darf kein Mitleid erwarten. Das würde ich auch nicht in Anspruch nehmen. Ich darf auch nicht ‚Respekt‘ erwarten, mit dem Rücktrittsentscheidungen so häufig entgegengenommen werden.“
  • Der Abschluss: „Abschließend ein Satz, der für einen Politiker ungewöhnlich sein mag: Ich war immer bereit zu kämpfen, aber ich habe die Grenzen meiner Kräfte erreicht.“

Seite 3: Guttenberg kopierte von Österreichern

Er hat 280 Mal abgeschrieben

Guttenberg kopierte von Österreichern

Die Fakten sprechen eindeutig gegen ihn: Guttenberg hat 280 Seiten seiner Doktorarbeit ohne entsprechende Quellenangabe abgekupfert.

Es war ein harter Schlag für die Wissenschaft und letztlich der Sargnagel für Karl-Theodor zu Guttenberg: Beim Erstellen seiner Doktorarbeit „Verfassung und Verfassungsvertrag“ vor zwei Jahren an der Universität Bayreuth hat der deutsche Ex-Verteidigungsminister den Großteil der 475 Seiten abgeschrieben und fremde Quellen nicht zitiert.

Plagiatsvorwurf gegen Guttenberg


Rasch haben sich nach den ersten Vorwürfen Plagiats-Jäger vereint. Ihre Bilanz: 280 Seiten von Guttenbergs Arbeit sind kopiert – das sind 70 Prozent der Dissertation, Inhalts- und Literaturverzeichnis nicht eingerechnet. Als Vorlagen dienten sogar Zeitungen wie die FAZ oder die NZZ, Fachbücher oder wissenschaftliche Arbeiten – und das über Grenzen hinweg. Denn Guttenberg hat auch aus Österreich abgeschrieben. Der 39-Jährige bediente sich bei einem wissenschaftlichen Artikel des Innsbrucker Rechtsprofessors Waldemar Hummer aus dem Jahr 2003.

Auch der Vorarlberger Jurist Anton Schäfer ist ein „Plagiats-Opfer.“ Guttenberg hat Schäfers Diplomarbeit „Die Verfassungsentwürfe zur Gründung einer Europäischen Union“ (ähnliches Thema) als Vorlage verwendet, ohne dies in den Fußnoten entsprechend zu kennzeichnen. Der Vorarlberger bleibt vorerst gelassen: „Ich werde ihn nicht klagen, er ist schon genug gestraft.“ Dass sich weitere Opfer melden, ist anzunehmen.

Seite 4: Guttenberg ist halber Österreicher

Bruder wohnt in der Steiermark

Guttenberg ist halber Österreicher

Seine Mutter ist Österreicherin, sein Bruder lebt in der Steiermark. Karl-Theodor zu Guttenberg hat einen starken Österreich-Bezug.

Vor nur einem Monat erzählte Karl-Theodor zu Guttenberg in einem ÖSTERREICH-Interview, er sei halber Österreicher. Tatsächlich hat Guttenbergs Mutter Christiane von und zu Eltz steirische Wurzeln. Die Eltern ließen sich scheiden, er und sein um zwei Jahre jüngerer Bruder Philipp wuchsen beim Vater in Deutschland auf.

Einst habe der 39-Jährige „kurz überlegt“, sich „für die Vorzüge der österreichischen Wehrpflicht zu entscheiden – Guttenberg war Doppelstaatsbürger. Er habe dann aber „klar“ für Deutschland votiert, erzählte er ÖSTERREICH.

Gut in Steiermark
Bruder Philipp lebt mit Ehefrau Alexandra Louisa seit zehn Jahren in dem kleinen Ort Radmer, eineinhalb Autostunden von Graz entfernt. Dort befindet sich die Schaltzentrale des Guttenberg’schen Vermögens: eine Privatstiftung, über die der dreifache Familienvater das Schloss der Dynastie sowie ein 4.000-Hektar-Forstgut verwaltet. Der Baron ist auch bei den steirischen Forstbetrieben und in der Landwirtschaftskammer engagiert. Die Kinder (5, 4 und 1 Jahr) besuchen den örtlichen Kindergarten.

Wieder Österreich?
Gut möglich, dass sich Karl-Theodor zu Guttenberg während seiner Neuorientierung zu seinem Bruder zurückzieht. Im Gespräch mit ÖSTERREICH hatte er betont, wie sehr er Österreich liebe und „ständig“ privat besuche. Im Moment ist Bruder Philipp bei ihm in Berlin, um ihm in den schweren Stunden nach seinem Rücktritt zur Seite zu stehen.

(jem)

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