Ankara
126.500 Menschen bei Demo gegen Kopftuch-Gesetz
02.02.2008
In Ankara haben am Samstag über 100.000 Menschen gegen die geplante Aufhebung des Kopftuchverbots an türkischen Hochschulen protestiert.
Das geplante Gesetz verstößt nach Ansicht der Demonstranten gegen das laizistische Grundprinzip der Republik. Die Regierungspartei AKP hatte am Freitag im Parlament einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der das Tragen von Kopftüchern an Hochschulen wieder erlaubt. Der türkische Außenminister Ali Babacan bezeichnete die Gesetzesreform am Samstag als notwendig im Hinblick auf einen EU-Beitritt seines Landes. Das Parlament soll in der kommenden Woche über den Text abstimmen.
(c)AP
126.500 Menschen auf der Straße
Die Demonstranten trafen
sich am Samstag vor dem Mausoleum des Staatsgründers Kemal Atatürk,
schwenkten die rote Nationalflagge der Türkei und forderten den Rücktritt
der Regierung. "Die Türkei ist und bleibt säkular",
skandierten die Demonstranten. Das Militär, das die Grabstätte bewacht,
zählte 126.500 Menschen, die zeitweise die Gedenkstätte betraten. Rund 35
Organisationen hatten zur Protestkundgebung aufgerufen, darunter mehrere
Frauenorganisationen. Auch das Militär, dass sich traditionell als Hüter der
Trennung von Staat und Religion versteht, hat bereits Protest gegen den
Gesetzesentwurf eingelegt. Hochschulrektoren fürchten Chaos und
Zusammenstöße an ihren Universitäten, sollte das Kopftuchverbot fallen.
Abschaffung des Kopftuchverbots
Das Gesetz, dass die AKP am
Freitag im Parlament vorstellte, sieht die Abschaffung des strikten
Kopftuchverbots an türkischen Universitäten vor. Demnach darf künftig das
traditionelle türkische Kopftuch, das unter dem Kinn geknotet wird, an den
Hochschulen getragen werden. Ganzkörperverschleierungen sollen aber verboten
bleiben.
Gleichheitsprinzip
Die AKP und die nationalistische
Oppositionspartei MHP wollen dafür die Artikel 10 und 42 der türkischen
Verfassung ändern, in denen das Gleichheitsprinzip und das Recht auf Bildung
behandelt wird. Die Verfassungsänderungen sollen klarstellen, dass niemand
aufgrund seiner Kleidung von der Hochschulbildung ausgeschlossen werden
darf. Die AKP und die MHP verfügen im Parlament über die notwendige
Zwei-Drittel-Mehrheit, um die Gesetzesreform durchzusetzen.
Außenminister für Gesetzesreform
Der türkische
Außenminister Ali Babacan warb am Samstag mit Blick auf einen möglichen
EU-Beitritt seines Landes für die Gesetzesreform. "Die Türkei ist
ein Land, das vorwärts gehen sollte im Bereich der Rechtssprechung und der
Meinungsfreiheit", sagte Babacan vor Journalisten, wie die türkische
Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Die Demonstrationen würden dem
Ansehen der Türkei im Ausland hingegen nur schaden. Ankara hat 2005
Beitrittsverhandlungen mit der EU aufgenommen.