20 Jahre danach kehrt das offizielle China die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung noch immer unter den Teppich.
Am 20. Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Demokratie-Bewegung am Donnerstag haben die Behörden in Peking die Sicherheitsvorkehrungen drastisch verschärft. Hunderte Polizisten und Sicherheitsleute patrouillierten auf und rund um den Platz des Himmlischen Friedens (Tian'anmen). Auch Straßen, in denen Dissidenten leben, wurden stärker überwacht. Zudem wurde der Zugang zu einigen, sonst zugänglichen Webseiten blockiert.
Opferzahl geheim
In den Straßen der Hauptstadt und auf dem
zentralen Platz des Himmlischen Friedens waren bereits am Mittwoch Hunderte
von zusätzlichen Sicherheitskräften zu sehen. In der Nacht zum 4. Juni 1989
hatten Soldaten in Panzern das Feuer auf unbewaffnete Demonstranten
eröffnet. Bis heute verschweigt die Regierung die wahre Zahl der Opfer. Es
dürften jedoch mehrere hundert Tote gewesen sein. Der riesige Platz war der
Hauptversammlungsort der Protestbewegung von 1989.
Hausarrest für Nonkonformisten
Mehrere Dissidenten wurden
angewiesen, Peking vor dem Jahrestag zu verlassen oder faktisch unter
Hausarrest gestellt. Auch in der früheren britischen Kronkolonie Hongkong,
wo die freie Meinungsäußerung formell garantiert wird, wurde Dissidenten,
die an einer Veranstaltung zum Gedenken an das Massaker teilnehmen wollten,
die Einreise verweigert.
Gleichgeschaltetes Stillschweigen
Die staatlichen Medien
ignorierten den 20. Jahrestag des "Vorfalls vom 4. Juni" praktisch völlig,
lediglich die englischsprachige "Global Times" widmete dem Thema einen
Artikel. Darin heißt es, dass die damaligen Ereignisse auch heute noch "ein
sensibles Thema" seien. "20 Jahre nach dem Vorfall am Tiananmen vom 4. Juni
gibt es in Festlandchina praktisch keine öffentliche Diskussion darüber, was
damals passiert ist", heißt es in dem Artikel. Wissenschaftler, Politiker
und Unternehmer hätten es abgelehnt, der "Global Times" ein Interview zu
diesem Thema zu geben. Das Blatt lässt dennoch Experten zu Wort kommen, die
darauf hinweisen, dass der wirtschaftliche Aufschwung der vergangenen 20
Jahre die Niederschlagung der damaligen Proteste im Nachhinein rechtfertige.
"Es wird noch dauern"
Der bekannte chinesische
Demokratieaktivist He Weifang glaubt indes, dass es weitere 20 Jahre dauern
wird, bis sein Land zu einer Demokratie wird. Nach der Niederschlagung der
Tiananmen-Proteste im Jahr 1989 habe er gemeint, "dass wir den Kommunismus
innerhalb von zehn Jahren überwinden können", so He. Mittlerweile sei er zur
Erkenntnis gelangt, dass man mehr Zeit brauche. Die Entwicklung in Richtung
Demokratie sei aber unaufhaltsam, denn bei der wirtschaftlichen
Liberalisierung könne es keine Rückschritte mehr geben, und auf Dauer sei es
"unmöglich, nur wirtschaftliche Reformen durchzuführen und politische
nicht", so He.
Internet hilft bei Wende
Der große Unterschied zum Jahr 1989 sei,
"dass es heute das Internet gibt", erläutert der Pekinger Rechtsprofessor.
"Das chinesische Volk kann seinen Ärger und seine Wut äußern, ohne gewaltsam
demonstrieren zu müssen. Das ist gut für das Volk, aber auch gut für die
Partei". Das Internet leiste nämlich der Meinungsfreiheit Vorschub, sei aber
auch ein effizientes Kontrollinstrument für die Zentralregierung, die nun
den oft eigenmächtig agierenden lokalen Parteifunktionären auf den Zahn
fühlen und Korruption und Misswirtschaft besser bekämpfen könne.