Der Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten, Barack Obama, warb in Berlin für einen Neuanfang in den transatlantischen Beziehungen.
Vor mehr als 200.000 jubelnden Zuhörern forderte Barack Obama Amerikaner und Europäer auf, ihre Konflikte hinter sich zu lassen und gemeinsam gegen globale Probleme wie Klimawandel und Terrorismus zu kämpfen.
"Yes, we can!"
Obama drängte zu mehr Einsatz in
Afghanistan, stellte aber im Streit um mehr Truppen keine konkrete
Forderung. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter
Steinmeier betonten nach ihren Gesprächen mit Obama, in denen es um
außenpolitische und wirtschaftliche Fragen ging, die Bedeutung der
Freundschaft zwischen Deutschland und Amerika.
Obama wurde mit Jubel von den Zuhörern begrüßt, die vor und nach der Rede seinen Wahlkampfslogan "Yes, we can!" skandierten. Während der Rede wurde er mehrfach von Applaus unterbrochen. Die Zuhörer, darunter auch viele Amerikaner, standen fast auf der gesamten zwei Kilometer langen Strecke zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule. Nach Polizeiangaben gab es keine Proteste oder Zwischenfälle.
Gemeinsame Werte
Obama erinnerte in der Rede an die gemeinsamen
Werte beider Kontinente: "Amerika hat keinen besseren Partner als Europa."
Er beschwor den Geist der Luftbrücke für Berlin vor 60 Jahren. Auch die
heutigen Probleme könne kein Staat alleine lösen. Er räumte ein, dass sich
Amerika und Europa auseinandergelebt hätten. "Wenn wir ehrlich zueinander
sind, wissen wir, dass wir manchmal auf beiden Seiten des Atlantik
auseinandergedriftet sind und unser gemeinsames Schicksal vergessen haben."
Es gelte nun, diese Beziehungen zu erneuern.
Mehr Engagement in Afghanistan
Als konkrete Aufgabe nannte er den
Aufbau Afghanistans. "Das afghanische Volk braucht unsere Truppen und eure
Truppen, unsere und eure Unterstützung." In der globalisierten Welt wirke
sich die Entwicklung Afghanistans global aus: "Aus dem Mohn in Afghanistan
wird das Heroin in Berlin." Obama will mehr US-Truppen in das Land schicken
und erwartet mehr Beiträge der Verbündeten.
Die deutsche Regierung äußerte sich dazu vor dem Besuch zurückhaltend. Auch die Zuhörer vor der Siegessäule reagierten beim Thema Afghanistan eher mit Pflichtapplaus. Steinmeier sagte aber nach seinem Treffen mit Obama, er sehe Übereinstimmung in der Frage des deutschen Einsatzes in Krisengebieten.
Visionäre Ziele: Freiheit und Gerechtigkeit
In seiner Rede
stellte Obama visionäre Ziele wie Freiheit und Gerechtigkeit in den
Vordergrund. Er griff den Aufruf des früheren Berliner Bürgermeisters Ernst
Reuter auf, der gesagt hatte: "Völker der Welt, schaut auf diese Stadt!"
Obama verband damit den Aufruf, Konflikte zu überwinden. Wie Amerika und
Europa ihre Konflikte überwunden hätten, sei globale Zusammenarbeit zur
Lösung der neuen Probleme nötig. "Jetzt ist die Zeit, neue Brücken über den
Globus zu bauen, die so stark sind wie jene, die uns über den Atlantik
verbinden." Die Weltgemeinschaft müsse sich für die Rettung des Planeten,
für Gerechtigkeit in der globalen Wirtschaft und für Freiheit für die Opfer
von Diktaturen einsetzen. "Menschen Berlins - Menschen der Welt - dies ist
unser Augenblick. Dies ist unsere Zeit."
TV-Übertragung in den USA
Obama richtete sich mit seiner
Rede in Sichtweite des Brandenburger Tors nicht nur an die Zuhörer in
Berlin, sondern vor allem an ein amerikanisches Publikum. Die Ansprache
wurde live im US-Fernsehen übertragen. Es ist seine einzige öffentliche Rede
während einer einwöchigen Reise, die ihn zuvor nach Afghanistan, Irak,
Jordanien und Israel führte. Sie soll sein außenpolitisches Profil im
Wahlkampf gegen seinen republikanischen Rivalen John McCain schärfen. Nach
seinem Besuch in Berlin, der unter hohen Sicherheitsanforderungen statt,
will Obama am Freitag nach Paris und London reisen.
Foto (c) Reuters