Fall Litwineko
33.000 Passagiere werden untersucht
30.11.2006
In zwei Flugzeugen der der British Airways wurde Polonium 210, durch das auch der russische Ex-Spion starb, gefunden.
Nach dem Fund der radioaktiven Substanz Polonium an Bord von British-Airways-Maschinen haben sich bis Donnerstag Vormittag weltweit bereits rund 2.500 Passagiere bei der Fluggesellschaft gemeldet. Vier Flugzeuge vom Typ Boeing 767 bleiben bis auf weiteres außer Betrieb, wie es von der deutschen Zentrale der British Airways (BA) hieß. Die Fluggesellschaft betonte jedoch, dass die Gefahr für die Passagiere als gering eingeschätzt werde.
Drei Flugzeuge wurden im Zuge der Ermittlungen nach dem Tod des russischen Ex-Agenten Alexander Litwinenko, in dessen Urin ebenso Polonium gefunden wurde, untersucht. In zwei Maschinen auf dem Großflughafen Heathrow wurden nach Angaben der britischen Regierung Spuren des radioaktiven Isotops Polonium-210 gefunden, eine vierte Maschine in Moskau wird noch untersucht. Alle drei Maschinen waren der Fluggesellschaft zufolge auf der Route London-Moskau im Einsatz.
221 Flüge mit 33.000 Passagieren
Laut BA sind insgesamt 221 Flüge in Europa mit 33.000 Passagieren betroffen. Eine Liste aller Flüge veröffentlichte BA auf ihrer Website ( www.britishairways.com). Die drei britischen Verkehrsflugzeuge hatten neben Moskau zuletzt auch Düsseldorf, Frankfurt, Athen und Barcelona angeflogen. British Airways schaltete für internationale Anrufe von betroffenen Fluggästen die Nummer 0044-191-211-3690. Seit Litwinenkos Tod am vergangenen Donnerstag wurden Spuren von Polonium 210 bereits an zwölf Orten in London festgestellt.
Gerichtsmedizinische Untersuchung
Indes wurde eine offizielle gerichtsmedizinische Untersuchung Litwinenkos eingeleitet. Bereits am Freitag solle die Leiche obduziert werden, erklärte der Londoner Gerichtsmediziner Andrew Reid am Donnerstag bei der formellen Bekanntgabe der Untersuchung. An der Autopsie sollen ein Pathologe der Regierung, ein weiterer Mediziner, der die Familie vertritt, sowie ein unabhängiger Experte beteiligt sein.
Einer der beiden Russen, die mit Litwinenko am Tag von dessen Erkrankung zusammengetroffen sind, war an Bord eines der beiden genannten Flugzeuge. Der Geschäftsmann und ehemalige KGB-Agent Andrej Lugowoi sagte, er sei am 3. November in einer der Maschinen von London nach Moskau geflogen. Mit der mutmaßlichen Vergiftung Litwinenkos habe er jedoch nichts zu tun, sagte Lugowoi. Bei jedem, der mit dem Verstorbenen zusammengetroffen sei, ließen sich vermutlich radioaktive Spuren finden.
Machtkampf zwischen zwei Lagern
Der russische Filmemacher Andrej Nekrasow, der mit Litwinenko befreundet war, sagte am Donnerstag, für ihn liege auf der Hand, dass diese Spuren vom Transport radioaktiven Materials aus Russland stammten. Im Unterschied zu Litwinenko glaube er jedoch nicht, dass der russische Präsident Wladimir Putin persönlich die Vergiftung des Kreml-Kritikers angeordnet habe. In Russland gebe es einen Machtkampf zwischen zwei Lagern - dem der reichen "Technokraten" und dem um den Geheimdienst FSB. Er glaube, dass jedes dieser Lager Lager hinter dem Tod Litwinenkos stecken könne. Dennoch trage Putin die politische Verantwortung, weil er es nicht schaffe, die kriminellen Machenschaften in die Schranken zu weisen.