Bewaffnete Palästinenser sprengten Breschen in die Sperranlagen und konnten nach Ägypten durchbrechen.
Hunderttausende Palästinenser haben nach einer gewaltsamen Öffnung die Grenze vom Gaza-Streifen nach Ägypten passiert oder sind auf dem Weg zur Grenze. Am Mittwoch in der Früh hatten militante Palästinenser aus Protest gegen die Abriegelung des Autonomiegebiets durch Israel 17 Löcher in die Grenzanlage gesprengt. Viele Menschen kauften dann in der Grenzstadt Rafah Lebensmittel und andere dringend benötigte Güter, die durch die israelische Blockade der vergangenen Tage knapp geworden waren.
350.000 Menschen
Nach UNO-Angaben handelt es sich um 350.000
Menschen, nach palästinensischen Angaben sogar um eine halbe Million. Im
gesamten Gaza-Streifen leben knapp 1,5 Millionen Menschen. Die Bewaffneten
zündeten Sprengladungen, um die Löcher in die Grenzbefestigungen zu
sprengen. Zwei Drittel des Metallzauns wurden dadurch zerstört. Später kamen
Planierraupen, um die Lücken zu verbreitern und den Grenzübertritt zu
erleichtern.
Präsident Mubarak lässt Palästinenser ins Land
Der
ägyptische Präsident Hosni Mubarak erklärte, er habe die Sicherheitskräfte
wegen der humanitären Krise im Gaza-Streifen angewiesen, die Palästinenser
ins Land zu lassen. Jedem, der keine Waffe trage, sei erlaubt worden, sich
auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel mit Nahrungsmitteln einzudecken, sagte
Mubarak nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur MENA. Die
Palästinenser müssten aber anschließend nach Hause zurückkehren.
Israel: "Ägypten soll dieses Problem lösen!"
Die
israelische Regierung forderte von Ägypten Gegenmaßnahmen. "Wir erwarten,
dass Ägypten dieses Problem löst", hieß es in einer Erklärung des
israelischen Außenministeriums. Ägypten sei dafür verantwortlich, dass die
Grenzkontrollen entsprechend internationaler Abkommen verliefen.
Außenamts-Sprecher Arye Mekel hob hervor, dass Israel keine
Sicherheitskräfte an der Grenze des Gaza-Streifen zu Ägypten habe. Jeder
könne im Moment über die Grenze in den Gaza-Streifen gelangen.
Hamas an Durchbruch beteiligt
Die im Gaza-Streifen herrschende
radikal-islamische Palästinenser-Organisation Hamas bekannte sich zwar nicht
direkt zu den Sprengungen, ihre Sicherheitskräfte übernahmen aber schnell
die Kontrolle an der Grenze und sperrten bis auf zwei alle Breschen ab.
Einige Rückkehrer aus Ägypten wurden kontrolliert; bei einem Mann wurden
sieben Pistolen beschlagnahmt. Hamas-Führer, Ex-Ministerpräsident Ismail
Haniyeh forderte die rivalisierende Fatah-Bewegung von
Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas und die ägyptische Regierung zu einem
Krisentreffen auf, um neue Regelungen für den Grenzübergang zu treffen. Er
deutete an, dass die Hamas bereit wäre, einen Teil der Kontrollen an die
Fatah abzutreten.
Die palästinensische Autonomiebehörde machte Israel für das Chaos verantwortlich. Der Druck auf die Bevölkerung habe zu der Explosion geführt, sagte Abbas' Sprecher Nabil Abu Rudeinah.
Gaza seit Freitag abgeriegelt
Die Abriegelung des Gaza-Streifens
durch Israels seit Freitag voriger Woche wegen des fortgesetzten
Raketenbeschusses durch militante Palästinenser hatte Ägypten bisher - wenn
auch zurückhaltend - unterstützt und auch seine Grenze zum Gaza-Streifen
geschlossen gehalten. Bei Zusammenstößen zwischen mehreren hundert
Palästinensern und ägyptischen Grenzbeamten wurden am Dienstag 70 Menschen
verletzt.
Trotz Abkommen 2.500 neue Wohnungen in Ostjerusalem
Israel
genehmigte unterdessen im Widerspruch zu Zusagen bei der Nahost-Konferenz in
Annapolis vom vergangenen November den Bau von knapp 2.500 neuen Wohnungen
im besetzten Ostteil Jerusalems. Israel reklamiert Jerusalem als "unteilbare
Hauptstadt" für sich, die Palästinenser wollen Ostjerusalem zur Hauptstadt
ihres eigenen Staates machen. Die Frage stellt einen der Knackpunkte im
Friedensprozess im israelisch-palästinensischen Konflikte dar.