Japan

Abe ist neuer Regierungschef

26.09.2006

Das japanische Kabinett ist am Dienstag geschlossen zurückgetreten. Der Rechtskonservative Shinzo Abe tritt die Nachfolge seines Mentors Junichiro Koizumi an.

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© AP Photo/Kazuhiro Nogi, Pool
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Japans Parlament hat Shinzo Abe am Dienstag zum neuen Ministerpräsidenten des Landes gewählt. Er tritt die Nachfolge von Junichiro Koizumi an. Der 52-jährige Abe war in der vergangenen Woche zum Vorsitzenden der regierenden Liberaldemokratischen Partei (LDP) gewählt worden. Der Spross einer japanischen Politiker-Dynastie gilt als Konservativer vom traditionellen Flügel der Partei und will die Außenpolitik zu einem seiner Schwerpunkte machen.

Im Abgeordnetenhaus erhielt er 339 von 475 Stimmen, im Oberhaus votierten 136 von 240 für ihn. Für den Oppositionsführer Ichiro Ozawa stimmten 115 Abgeordnete. Abe ist mit 52 Jahren der jüngste Regierungschef nach dem Krieg und der erste, der nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurde.

Abe setzt Weg seines Mentors fort
Abe hat angekündigt, den von Koizumi eingeschlagenen Weg fortzusetzen und die in Schwung gekommene Wirtschaftserholung weiter zu fördern. Von Seiten der Wähler schlagen ihm dabei jedoch weit verbreitete Sorgen über eine breiter werdende soziale Kluft zwischen der armen und der reichen Bevölkerungsschicht entgegen. Die immensen Staatsschulden - die höchsten unter den Industrienationen - will Abe eigenen Angaben zufolge statt mit Steuererhöhungen zunächst mit einer Senkung der Ausgaben bekämpfen.

Der Außenminister bleibt
Abe berief den bisherigen Außenminister Taro Aso in gleicher Position in seine Regierung. Das gab ein Regierungssprecher am Dienstag bei der Vorstellung des neuen Kabinetts bekannt. Damit signalisiert der neue Premier, der zuvor vom Parlament zum Ministerpräsidenten gewählt worden war, nach Ansicht politischer Beobachter Kontinuität. Zwar gilt Außenminister Aso als nationalistischer Falke und ist bekannt für seine Distanz zu China. Andererseits sieht er Medienberichten zufolge die Notwendigkeit verbesserter Beziehungen zu den Nachbarländern China und Südkorea.

Das Team um Abe
Es wurde damit gerechnet, das Abe noch am Dienstag seine Regierungsmannschaft vorstellen würde. Der Nachrichtenagentur Kyodo zufolge plant er, den früheren Zentralbanker und amtierenden Vize-Außenminister Yasuhisa Shiozaki zu seinem Kabinettsminister zu machen. Der Inhaber dieses Amtes gilt traditionell als rechte Hand des Regierungschef und oberster Regierungschef.

Annäherung an China und Südkorea
Zudem hat sich Abe zum Ziel gesetzt, den japanischen Patriotismus etwa in den Lehrplänen der Schulen zu fördern. Als schwierig gilt die von ihm anvisierte Annäherung an China und Südkorea. Das Verhältnis ist durch die umstrittenen Besuche Koizumis im Yasukuni-Schrein belastet, wo auch Kriegsverbrecher geehrt werden und der unter den ehemaligen Kriegsgegnern Japans als Symbol für dessen militärische Vergangenheit gilt.

So liefen noch unter Aso die Bemühungen an, den Weg für ein Spitzentreffen zwischen Japans neuem Regierungschef und Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao zu ebnen. China hatte aus Protest gegen die Besuche des scheidenden Ministerpräsidenten Koizumi im Yasukuni-Schrein ein Spitzentreffen abgelehnt.

Spross einer Politiker-Dynastie
Abe ist der Sohn eines Außenministers und Enkel eines Ministerpräsidenten, gilt politisch aber als relativ unerfahren: Er sitzt seit 1993 im Parlament und übernahm erst vor einem Jahr das Amt des Kabinettssekretärs. In der vorigen Woche war er zum neuen Parteichef der LDP gewählt worden.

Rücktritt trotz großem Wahlsieg
Koizumi hatte seinen Rücktritt als Regierungschef bereits im Wahlkampf im vergangenen Jahr angekündigt und sich davon auch durch einen überwältigenden Sieg im vergangenen September nicht abbringen lassen. Die japanischen Gesetze begrenzen die Amtszeit eines Ministerpräsidenten nicht.

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