Aus Angst vor Wahlbetrug boykottiert der Herausforderer die Stichwahl.
Der afghanische Präsidentschaftskandidat Abdullah Abdullah tritt nicht zur Stichwahl an. Er werde nicht an dem für kommenden Samstag (7. November) angesetzten Wahlgang teilnehmen, sagte der Herausforderer von Staatschef Hamid Karzai am Sonntag in Kabul. Nach massivem Wahlfälschungen in der ersten Wahlrunde im August hatte Abdullah am Samstag mit einem Boykott der Stichwahl gedroht, sollten seine Bedingungen für einen transparenten Urnengang nicht binnen eines Tages erfüllt werden.
Kritik an Karzai-Regierung
Abdullah erläuterte seinen Boykott mit
den Worten, die Voraussetzungen für eine transparente Abstimmung seien nicht
gegeben. Er rief auch die Bevölkerung auf, die Entscheidung der
Wahlkommission für die Stichwahl nicht zu akzeptieren. Die Regierung Karzais
habe schon seit Mai kein legitimes Mandat mehr, kritisierte der Politiker.
Er selbst habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, betonte der
frühere Außenminister eine Woche vor dem Wahltermin.
Am Samstag war Abdullahs Ultimatum an die Regierung abgelaufen, wegen des Wahlbetrugs in der ersten Runde im August den Chef der Wahlbehörde und drei Minister zu entlassen. Er protestiere gegen die "unangemessenen Taten" der Regierung und der umstrittenen Wahlkommission (IEC), sagte Abdullah. Er hatte bei der Stichwahl erneut massiven Wahlbetrug befürchtet, wie in der ersten Runde am 20. August. Präsident Karzai hatte sich erst nach internationalem Druck zu der Stichwahl bereiterklärt, war auf die Forderungen Abdullahs aber nicht eingegangen.
Manipulationen festgestellt
Eine Stichwahl ohne Gegenkandidaten
könnte die Legitimation Karzais weiter untergraben, nachdem die Vereinten
Nationen nach der ersten Wahlrunde weit verbreitete Manipulationen zugunsten
des Präsidenten festgestellt hatten. US-Außenministerin Hillary Clinton
hatte allerdings am Samstag erklärt, eine Entscheidung von Abdullah, nicht
an der Wahl teilzunehmen, würde die Rechtmäßigkeit der Stichwahl nicht
infrage stellen.
Ein schwacher Präsident in Afghanistan würde aber die Aussichten auf eine baldige Stabilisierung des Landes deutlich verschlechtern. USA und NATO prüfen derzeit eine weitere massive Truppenaufstockung, um die wiedererstarkten radikal-islamischen Taliban fast neun Jahre nach ihrem Sturz endgültig zurückzudrängen.
Karzai auch ohne gefälschte Stimmen Favorit
Abdullah waren
bei der für kommenden Samstag geplanten Stichwahl allerdings wenig Chancen
eingeräumt worden. Nach dem um gefälschte Stimmen bereinigten amtlichen
Endergebnis war der Ex-Außenminister bei der ersten Wahlrunde fast 20
Prozentpunkte hinter Karzai gelegen. Der Amtsinhaber hatte die absolute
Mehrheit mit 49,67 Prozent der Stimmen knapp verfehlt. Daher war eine
Stichwahl zwischen Karzai und Abdullah notwendig geworden. Die afghanische
Verfassung sieht den Rückzug eines Kandidaten bei der Stichwahl nicht vor.