Ungewöhnlich offen kritisierte Irans Ex-Präsident Khatami seinen Nachfolger Ahmadinejad bei einer Rede vor einer Univeristät in Teheran.
Die Politik des iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad ist am Dienstag in ungewohnt offener Form von seinem Vorgänger Mohammad Khatami attackiert worden. In einer Rede an Teherans größter Universität kritisierte der als reformorientiert geltende Khatami die politische Unterdrückung, die fragwürdige Wirtschaftspolitik und den Kurs des Iran im Atomstreit, berichtete die "New York Times" unter Berufung auf die iranische Nachrichtenagentur ISNA.
1000 Studenten bei Khatami
Mehr als 1000 Studenten verfolgten die
Rede des früheren Präsidenten an der Teheraner Universität, einem Zentrum
von Protesten gegen den 2005 in sein Amt gewählten Ahmadinejad. Dass Khatami
die Politik seines Nachfolgers ablehnt, ist seit langem kein Geheimnis. Sein
öffentliches Auftreten gegen Ahmadinejad vor regierungskritischen
Jugendlichen werteten Beobachter aber als ungewöhnlich. Khatami verurteilte
die Niederschlagung von Protesten und die ökonomischem Rezepte Ahmadinejads.
Erinnerung an Studenten-Unterdrückung im Jahr 1979
In
offensichtlicher Anspielung auf die derzeitige Unterdrückung iranischer
Studenten erinnerte Khatami an die Niederschlagung von Protesten vor der
Islamischen Revolution 1979, die zur Radikalisierung der Studenten und
letztlich zum Sturz des Schah geführt habe. "Ich erinnere mich an eine Zeit,
in der islamische und nicht-islamische Bewegungen ein Verhalten annahmen,
das der Gesellschaft und dem Regime teuer zu stehen kam", warnte Khatami,
der von 1997 bis 2005 iranischer Präsident war.
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Zudem kritisierte er, dass mehr als 30 Studenten in den vergangenen Monaten ins Gefängnis gesteckt worden seien. Es sei nicht gut für die Gesellschaft oder die Regierung, wenn man mit Studenten auf diese Weise verfahre, sagte Khatami. Am vergangenen Sonntag hatten rund 1500 Studenten an der Teheraner Universität gegen Ahmadinejad demonstriert. Im September war die Universität Schauplatz von Protesten gegen einen dortigen Auftritt des Präsidenten.
Falsche Wirtschaftspolitik
Zur Wirtschaftspolitik Ahmadinejads
meinte Khatami, diese sei zu sehr auf kleine Entwicklungsprojekte im
ländlichen Raum konzentriert. Man dürfe die Gerechtigkeit nicht auf
ökonomische Gerechtigkeit reduzieren. Der Wohlstand des Landes sollte dessen
Macht vergrößern und dann verteilt werden, so der Ex-Präsident.
Iran nicht gut positioniert
Khatami meinte ferner, international
sei das Land derzeit "nicht gut" positioniert. Der Iran sollte sich nicht
bereitwillig Drohungen aussetzen, sagte er unter Anspielung auf die von
Weltsicherheitsrat gegen Teheran verhängten Sanktionen wegen der Weigerung
des Iran, die Urananreicherung auszusetzen.
Khatami stellte Urananreicherung ein
Unter Khatami hatte der Iran
im Herbst 2003 die Urananreicherung eingestellt. Laut der jüngsten
Einschätzung der US-Geheimdienste hatte Teheran damals damit auch sein
Atomwaffenprogramm gestoppt.