Die Amtseinführung von Stanislaw Wielgus (67) als Warschauer Erzbischof ist in letzter Minute abgesagt worden.
Die Amtseinführung, die für 11 Uhr vormittags geplant war, wurde in letzter Minute abgesagt. Der staatliche Fernsehsender TVP berichtete am Sonntag in der Früh über Informationen, dass das feierliche Pontifikalamt abgesagt und stattdessen eine Dankesmesse für den in den Ruhestand gehenden Amtsvorgänger, Kardinal Jozef Glemp, abgehalten werde.
Aufs Amt verzichtet
Der wegen seiner Geheimdienstvergangenheit
unter Druck geratene designierte Warschauer Erzbischof Stanislaw Wielgus hat
auf sein Amt verzichtet. Dies teilte der päpstliche Nuntius in Warschau am
Sonntag mit, wie der polnische Nachrichtensender TVN24 berichtet. Papst
Benedikt XVI. habe den Rücktritt von Wielgus, der eigentlich am Sonntag um
11.00 Uhr mit einem feierlichen Pontifikalamt ins Bischofsamt eingeführt
werden sollte, angenommen. Der scheidende Erzbischof Kardinal Jozef Glemp
bleibe Administrator der Warschauer Diözese.
Kontake zu Geheimpolizei
Wielgus hatte erst am Freitag nach
wochenlangem Schweigen eingeräumt, mit der früheren stalinistischen
Geheimpolizei SB (Sluzba Bezpieczenstwa) zusammengearbeitet zu haben. Er
legte am Freitag seine Berufung in die Hände von Papst Benedikt XVI. Er
äußerte am Freitag öffentlich Reue über seine Verfehlung. Er habe seinerzeit
mit dem Geheimdienst zusammengearbeitet, um weiter ins Ausland reisen zu
können. Er habe aber niemanden an den Geheimdienst verraten und habe durch
seine Kontakte niemandem geschadet.
Gegner und Befürworter vor der Kathedrale
Vor der Kathedrale
warteten seit der Früh hunderte Gläubige, darunter Befürworter und Gegner
der kontroversen Amtseinführung von Bischof Stanislaw Wielgus. Die Gegner
seiner Ernennung hielten ein Transparent mit der Aufschrift "Non possumus"
("Wir können nicht") hoch. Es ist ein Zitat aus dem Brief des
charismatischen Kardinals Stefan Wyszynski, der in 1953 der kommunistischen
Macht geschrieben hat, dass er eine Ernennung von katholischen Bischöfen
durch die kommunistische Regierung nicht zulassen werde.
Nächtliche Krisengespräche
Der Entscheidung über den
Rücktritt von Wielgus waren offenbar nächtliche Krisengespräche der Kirche
sowie von staatlichen und kirchlichen Stellen vorausgegangen. Nicht nur für
den Vatikan, auch für die rechtskonservative polnische Regierung ist die
Angelegenheit äußerst peinlich. Staatspräsident Lech Kaczynski und
Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski sind nämlich ebenso strenggläubig wie
stramm antikommunistisch.