300 im Visier

Angriff auf die neue Terror-Zentrale

03.01.2010

Die USA und Großbritannien rüsten jetzt gegen Al-Kaida im Jemen. Das Land gilt als neue Al-Kaida-Hochburg.

Zur Vollversion des Artikels
© EPA
Zur Vollversion des Artikels

Nach dem Anschlagsversuch auf einen Delta-Northwest-Jumbo vor Detroit durch Selbstmordbomber Umar Farouk Abdulmutallab (23) ist der Jemen die heißeste Terror-Front. US-Präsident Barack Obama machte es per Videoansprache offiziell: Al-Kaida-Terroristen im Jemen hätten den Nigerianer „ausgebildet“ und die Unterhosen-Bombe „hergestellt“.

Nach hektischen Telefonaten zwischen Obama und Briten-Premier Gordon Brown wurde die Finanzierung und der Aufbau einer polizeilichen Anti-Terroreinheit beschlossen. Für Ende des Monats ist eine internationale Jemen-Krisensitzung anberaumt.

 

(C) TZ ÖSTERREICH

„Ohnmacht“
Die chaotischen Zustände dort, wo auf jeden Bürger drei Waffen kommen, bieten Al-Kaida-Kämpfern, oft vertrieben durch Offensiven in Afghanistan, einen neuen Zufluchtsort: Stammeskrieger und Rebellen kämpfen um den 23-Millionen-Einwohner-Wüstenstaat. Die schwache Regierung in Sanaa scheint „ohnmächtig angesichts der Gewalt“, so Terrorexperte Steven Emerson. 300 Al-Kaida-Kämpfer sollen in dem zerklüfteten Terrain operieren.

Offensive
US-General David Petraeus traf sich mit Jemens Präsident Ali Abdullah Saleh zur Abstimmung der Großoffensive. CBS-TV berichtete, dass die US-Streitkräfte federführend bei Antiterror-Operationen sind. Im Vormonat wären Stellungen der Al-Kaida-Filiale „Arabische Halbinsel“ (AQAP), die sich später zur Detroit-Attacke bekannte, sogar mit Cruise Missiles beschossen worden.

Im Visier stand auch der Radikal-Imam Anwar al-Awlaki, der den Jumbo-Bombenplan genehmigte. 150 starben, al-Awlaki überlebte jedoch. Petraeus: Durch den Schlag wurde eine Terrorattacke gegen die US-Botschaft vereitelt. Dennoch: Aus Angst vor Vergeltung schlossen die USA und Großbritannien ihre Vertretungen.

"Immer wieder neue Anführer"

Rolf Tophoven ist seit 30 Jahren führender Terror-Experte. Er erklärt die neuen Gefahren.

These 1: Jemen ist neues Al-Kaida-Zentrum: Im vergangenen Jahr hat sich der jemenitische Teil der Al-Kaida mit jenem aus Saudi-Arabien zusammengeschlossen. Im Jemen ist jetzt das Zentrum der Radikalisierung, es ist ein neues Terrorzentrum entstanden. Es gibt in einigen Regionen keine Kontrolle durch die Regierung mehr.

These 2: Es wird schwer, den Jemen zu kontrollieren: In letzter Zeit haben die Amerikaner schon massiv versucht, gegen den Terror dort anzukämpfen. Mit unbemannten Flugzeugen wurden Top-Terroristen ausgeschaltet, erst kürzlich wurde ein Terror-Ausbildungslager angegriffen. Das Problem ist aber: Es kommen immer neue Anführer nach, die Organisation erholt sich von diesen Schlägen.

These 3: Einzeltäter sind große Gefahr: Wir werden auch im neuen Jahr mit der Bedrohung durch Al-Kaida leben müssen. Trotz aller Rückschläge für die Terroristen sind Einzeltäter eine große Gefahr. Diese Männer radikalisieren und inspirieren sich durch die Idee hinter Al-Kaida selbst. Die Organisation selbst ist dann nur Impulsgeber. Das ist gefährlich, weil diese Männer nur schwer überwacht werden können.

These 4: Die Gefahr lauert auch in Europa: Der britische Geheimdienst sagt, er hat 25 Briten im Visier, die im Jemen ausgebildet und nach England zurückgeschleust wurden. So etwas ist brisant. Man muss hier zwar vorsichtig sein, aber ich halte es für möglich, dass auch andere europäische Muslime im Jemen ausgebildet wurden. Wenn sie danach nach Europa zurückkommen, kann eine solche Terrorzelle jederzeit aktiviert werden.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel