Clearstream-Affäre
Anklage fordert 18 Monate für Villepin
20.10.2009
Laut Staatsanwalt war Frankreichs Ex-Regierungschef "Komplize" in der Clearstream-Affäre.
Im Rufmordprozess gegen den früheren französischen Regierungschef Dominique de Villepin fordert die Staatsanwaltschaft eine 18-monatige Bewährungsstrafe für den Politiker. Zudem müsse Villepin 45.000 Euro Strafe zahlen, verlangte Staatsanwalt Jean-Claude Marin am Dienstagabend in Paris. Villepin hat sich nach Einschätzung der Anklagebehörde erwiesenermaßen in einem Komplott gegen den heutigen Staatschef Nicolas Sarkozy, der sogenannten Clearstream-Affäre, zum "Komplizen" gemacht.
Der damalige Kabinettskollege von Sarkozy habe die Machenschaften von Jean-Louis Gergorin, damals Spitzenmanager des Rüstungs- und Luftfahrtkonzerns EADS, "mit seinem Schweigen unterstützt", sagte Marin in seinem Plädoyer. Villepin und Sarkozy strebten seinerzeit beide die Nachfolge von Staatschef Jacques Chirac an.
Gefälschte Listen
Der frühere Luftfahrtmanager Gergorin
hatte der Justiz im Jahr 2004 wissentlich gefälschte Listen mit Konten beim
Luxemburger Finanzinstitut Clearstream zugespielt, die Sarkozy und mehrere
EADS-Manager in Verruf bringen sollten. Für den ehemaligen
EADS-Vizepräsidenten forderte die Staatsanwaltschaft eine Gefängnisstrafe
von drei Jahren, davon die Hälfte zur Bewährung.
Die Kläger werfen Villepin vor, im Jahr 2004 an einem Komplott gegen seinen politischen Rivalen Sarkozy beteiligt gewesen zu sein, der im Prozess als Nebenkläger auftritt. Der ehemalige Premierminister soll sich mit Gergorin und dessen Gehilfen Imad Lahoud verbündet haben, um Sarkozy und weitere namhafte Franzosen in den Verdacht zu bringen, sie hätten Schmiergeldzahlungen für ein Waffengeschäft erhalten. Für Lahoud forderte die Pariser Staatsanwaltschaft am Dienstag zwei Jahre Gefängnis, davon sechs Monate auf Bewährung.
"Die Denunzierung war sein (Gergorins; Anm.) Werk", und Gergorin habe "nichts dem Zufall überlassen", sagte Vizestaatsanwalt Romain Victor am Dienstag im Pariser Clearstream-Prozess. Demnach wollte der Manager Rivalen in der Flugzeugbauindustrie in den Verdacht der Geldwäsche und Korruption zu bringen. Die Liste wurde mit Namen von Prominenten angereichert, darunter kaum verschlüsselt Sarkozys.
Dem als Komplizen in dem Strafverfahren angeklagten Villepin wird vorgeworfen, als damaliger Innenminister den Verdacht gegen seinen innerparteilichen Rivalen Sarkozy am Kochen gehalten zu haben. Er habe Sarkozys Aufstieg zum Parteichef der konservativen UMP torpedieren wollen und deshalb Erkenntnisse des Geheimdienstes verheimlicht, dass die Kontoliste gefälscht war.
Villepin droht neben einer Verurteilung und Strafe auch das Ende seiner Ambitionen, Sarkozy 2012 bei der Präsidentenwahl herauszufordern. Sarkozys Anwalt Thierry Herzog hatte am Montag Villepins Verurteilung als Anstifter verlangt. "Gergorin ist der Befehlsgeber", sagte Herzog. Villepin stehe aber "am Anfang von allem".