Russland
Anti-Putin-Demonstration in Moskau
16.12.2006
Auf Transparenten forderten Demonstranten beim "Marsch der Dissidenten" den Rücktritt von Präsident Wladimir Putin.
Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen haben am Samstag in Moskau mehrere tausend Oppositionsanhänger gegen eine aus ihrer Sicht zunehmend autoritäre Politik von Präsident Wladimir Putin protestiert. "Wir wollen keinen Polizeistaat mehr", sagte der Politiker und frühere Schachweltmeister Garri Kasparow beim "Marsch der Dissidenten" mit liberalen Parteien und radikalen Gruppierungen. Nach Beendigung der friedlichen Kundgebung kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, bei denen etwa 40 Demonstranten sowie einer der Organisatoren festgenommen wurden.
"Putin muss weg!"
Im Vorfeld der Parlamentswahl Ende
2007 und der Präsidentenwahl im März 2008 rief der frühere Regierungschef
Michail Kasjanow die Regierungsgegner zur Geschlossenheit auf. "Das nächste
Jahr wird das Schicksal unseres Landes bestimmen. Wir müssen unseren
Nachbarn, unseren Freunden und Verwandten klar machen, dass wir nur
gemeinsam stark sind", rief Kasjanow den Menschen zu. "Putin muss weg!",
forderte ein Teil der Demonstranten in Sprechchören. Zu den Organisatoren
der Kundgebung zählte auch der Skandalschriftsteller Eduard Limonow,
Vorsitzender der Nationalbolschewistischen Partei.
Resolution verabschiedet
Auf dem von tausenden Polizisten
umstellten Triumph-Platz erinnerten einige Demonstranten mit Fotos an die
bis heute nicht aufgeklärte Ermordung der Journalistin Anna Politkowskaja im
Oktober. Kritiker werfen der Führung um Putin vor, durch verschärfte
Anti-Terror-Gesetze sowie ein neues Wahlgesetz Schritt für Schritt die
Bürgerrechte im Land einzuschränken. Im Verlauf der Demonstration wurde eine
Resolution verabschiedet, in dem die Regierungsgegner unter anderem mehr
Sozialpolitik im Interesse der Bürger sowie eine Rücknahme des umstrittenen
neuen Wahlgesetzes fordern.
Roter Platz abgesperrt
Ursprünglich war ein Protestmarsch
durch die Innenstadt geplant. Genehmigt wurde jedoch nur die Kundgebung zur
Mittagszeit an einem zentralen Platz. Die Behörden hatten im Vorfeld ein
Eingreifen für den Fall angedroht, dass die Demonstranten wie zunächst
geplant vom Triumph-Platz in Richtung Kreml marschieren. Vorsorglich war der
Rote Platz abgesperrt worden.
Massives Polizeiaufgebot
"Die Staatsmacht hat Angst vor uns, weil
wir uns heute endlich vereinigt haben", rief Kasparow den Zuhörern zu. Im
Moskauer Stadtzentrum glich die Lage einem Ausnahmezustand. An Kreuzungen
waren Wasserwerfer, gepanzerte Fahrzeuge und Gefängnistransporter
stationiert. Über dem Triumph-Platz kreiste während der Kundgebung ein
Polizei-Hubschrauber.
Behörden-Schikanen
Aus den Regionen berichteten zahlreiche
Oppositionsgruppierungen, ihre Mitglieder seien von den Behörden an der
Reise nach Moskau gehindert worden. Wenige Tage vor der
Oppositionskundgebung hatten Polizeibeamte in Moskau noch Kasparows Büro
nach "extremistischer Literatur" durchsucht.