Tapfere Eidgenossen

Auch die Schweiz macht Jagd auf Piraten

21.12.2008

Die Schweizer Flotte umfasst 35 Schiffe. Jetzt soll ein Teil von ihr Piraten am Horn von Afrika jagen. Die Emotionen bei den Eidgenossen kochen hoch.

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Die Piraterie am Horn von Afrika bewegt auch im Binnenland Schweiz die Gemüter. Der scheidende Bundespräsident Pascal Couchepin (Freisinnige/FDP) machte klar: "Wir sind bereit, Soldaten nach Somalia zu schicken." Die Schweizer Regierung (Bundesrat) prüft eine Beteiligung an der EU-Schutzaktion "Atalanta" mit eigenen Spezialtruppen. Die EU würde im Gegenzug Schweizer Hochseeschiffe eskortieren.

Couchepin, vehementer Befürworter der Einsätze, äußerte sich in einem Interview deutlich: "Wir haben doch keine andere Wahl. Wollen Sie den Piraten sagen: Halt, wir sind neutral - bitte kapern Sie doch dieses Schiff dort drüben?" Vor einem definitiven Entscheid sollen nun noch juristische und finanzielle Details geprüft werden.

Schweizer Schiff betroffen
Wer die Hilfe angefordert hat, erscheint unklar. Nachdem bereits ein Schweizer Schiff auf dem Weg zum saudischen Hafen Dammam von Piraten bedrängt worden ist, habe die Hochseeflotte um Unterstützung gebeten, berichtet die "Sonntagszeitung".

Eric Andre, Präsident des Verbandes Schweizerischer Seereedereien, ist indes skeptisch: "Wir wollen keine Soldaten auf den Schiffen." Derzeit hätten auch die meisten Schiffe der EU keine Soldaten dabei. Durch eine Bewaffnung der Schweizer Flotte steige die Gefahr einer Eskalation. Ein Einsatz auf helvetischen Schiffen sei höchstens dann denkbar, wenn das alle Staaten tun, gab Andre laut der "NZZ am Sonntag" zu bedenken.

Aktion "Atalanta"
Die Polizeiaktion der Schweizer Armee ist dem Blatt zufolge nur im internationalen Verband denkbar, für den die EU mit der Aktion "Atalanta" eine Möglichkeit bietet. Abklärungen der eidgenössischen Außen- und Verteidigungsministerien haben ergeben, dass Brüssel bereit sei, Schweizer Schiffe zu schützen. Sie erwartet jedoch eine Schweizer Beteiligung.

Die EU-Operation stützt sich auf UNO-Mandate, womit eine Voraussetzung für einen Auslandeinsatz der Armee gegeben ist. Zu klären bleibt die Frage, ob der Schutz vor Piraten eine sogenannte friedenserhaltende Operation ist. Nur eine solche ist der Schweiz im Ausland erlaubt, "friedenserzwingende" dagegen nicht.

Zündstoff
Innenpolitisch dürfte die Absicht der Regierung für Zündstoff sorgen. Der designierte Verteidigungsminister Ueli Maurer (Schweizerische Volkspartei/SVP) ist, wie weite Teile seiner Partei, ein dezidierter Gegner von Armeeeinsätzen im Ausland. Dass er das Vorhaben kippen könnte, kann sich Couchepin indes nicht vorstellen: "Wenn das Geschäft in die Regierung kommt, kann Herr Maurer sein Salz in die Suppe streuen, die Suppe wird aber gekocht", erklärte der Bundespräsident.

Ein Zeitungskommentar relativiert die "angebliche Unvermeidbarkeit" solcher Einsätze. Die Jagd auf Piraten sei dem Bundesrat (Regierung) ein willkommener Anlass, um aus innenpolitischen Gründen einen Auslandeinsatz der Armee zu fordern. Soldaten in Somalia wären ein unmissverständliches Zeichen an die SVP, dass sie den Kurs der Sicherheitspolitik nicht bestimmen könne, ätzen Kritiker in den Medien. Mit Maurers Amtsantritt Anfang 2009 kehrt die Partei nach einem Jahr der selbst ausgerufenen Opposition wieder in die Regierung zurück.

35 Schiffe
Die Schweizer Hochseeflotte umfasst 35 Schiffe. Unter Experten gelten sie als besonders gefährdet, weil sie relativ klein sind und vergleichsweise langsam fahren. Das repräsentative Amt des Bundespräsidenten wird jedes Jahr von einem anderen der sieben Minister wahrgenommen. 2009 ist Finanzminister Hans-Rudolf Merz (Freisinnige/FDP) an der Reihe.

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