Die mysteriöse Erkrankung von Jegor Gaidar ist laut seinen Ärzten wahrscheinlich auf eine Vergiftung zurückzuführen.
Eine Gruppe britischer Ermittler hat im Fall des vergifteten Kreml-Kritikers Alexander Litwinenko ihre Arbeit in der russischen Hauptstadt Moskau aufgenommen. Die Beamten von Scotland Yard gäben über den Stand ihrer Ermittlungen keine Auskunft, teilte die britische Botschaft in Moskau am Dienstag mit. Die Briten wollen mehrere Russen befragen, die in London mit Litwinenko zusammengetroffen waren.
Litwinenko hat nach den Worten des russischen Verteidigungsministers Sergej Iwanow in der Geheimdiensthierarchie keine wichtige Position inne. Vermutungen, denenzufolge Litwinenko beim FSB ein ranghoher Agent mit Zugang zu wichtigen Informationen war, entsprächen nicht der Realität, sagte Iwanow. Litwinenko sei in einer für das Organisierte Verbrechen zuständigen Abteilung tätig gewesen. Diese habe ihre Mitarbeiter "von überall her" rekrutiert.
Mysteriöse Erkrankung Gaidars
Indes ist bekannt geworden, dass die mysteriöse Erkrankung des früheren russischen Regierungschefs Jegor Gaidar nach Einschätzung seiner Ärzte wahrscheinlich auf eine Vergiftung zurückzuführen ist. Es sei aber völlig unklar, welche Substanz die Erkrankung des jetzigen Leiters eines Moskauer Wirtschaftsforschungsinstituts verursacht habe, sagte Gaidars Sprecher Waleri Natarow am Dienstag in Moskau.
Gaidars Tochter Maria hatte zuvor den Verdacht geäußert, der regierungskritische Wirtschaftsexperte sei einer "politischen Vergiftung" zum Opfer gefallen. Einen Hinweis auf einen Giftanschlag konnten die russischen Ärzte bisher aber nicht finden. Die unerwartete Entwicklung der Krankheit und die Zahl der betroffenen Organe passten in kein bisher bekanntes Krankheitsbild, sagte Natarow unter Berufung auf die Ärzte. Gaidar sei aus dem Krankenhaus entlassen worden und müsse sich zu Hause schonen. Der frühere Regierungschef war am 24. November auf einer Konferenz in Irland zusammengebrochen und über drei Stunden bewusstlos gewesen.
Scaramella verlässt Krankenhaus
Der italienische "Sicherheitsberater" Mario Scaramella, Kontaktmann Litwinenkos, wird voraussichtlich am Mittwoch das Londoner Krankenhaus verlassen, in dem er sich seit Freitag befindet. Nach Angaben von Scaramellas Rechtsanwalt Sergio Rastrelli muss der Sicherheitsberater noch einigen Kontrollen unterzogen werden, danach werde er das Spital verlassen. Nach Angaben der Ärzte des University College Hospital in London gibt es keine konkreten Beweise, dass sich in Scaramellas Körper Spuren des radioaktiven Isotops Polonium 210 befinden. Die Substanz wird für den Tod des Ex-KGB-Agenten Litwinenkos verantwortlich gemacht.
Rastrelli bestärigte, dass sein Mandant als Berater der parlamentarischen Mitrokhin-Kommission Kontakte zu Litwinenko gepflegt hatte. "Als Berater der Kommission hatte er die Pflicht, Informationen zu sammeln, die zur Klärung der Beziehungen zwischen dem KGB und italienischen Politikern beitragen konnten", so der Rechtsanwalt. Mit dem Fall Scaramella wird sich auch Außenminister Massimo D'Alema bei dem heute in Moskau geplanten Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin beschäftigen. "Es ist klar, dass ich Russland auffordern werde, der britischen Polizei und Justiz volle Kooperation zu garantieren", sagte D'Alema.
Auch die römische Staatsanwaltschaft ermittelt im Fall Scaramella. Die Justizbehörden wollen beim Senat das gesamte Material sammeln, das Scaramella der Mitrokhin-Kommission geliefert hat. Insbesondere wollen die Ermittler Videos, Dokumente und Interviews des Beraters mit seinen Informanten unter die Lupe nehmen.