Der EU-Kommissionspräsident wurde von insgesamt 382 Abgeordneten gewählt.
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso ist vom Europaparlament für eine zweite fünfjährige Amtszeit an der Spitze der EU-Behörde wiedergewählt worden. Der portugiesische Konservative erhielt bei der geheimen Abstimmung am Mittwoch in Straßburg eine absolute Mehrheit von 382 der insgesamt 736 Abgeordneten. Nach seiner Wahl erklärte der 53-Jährige, er wolle zunächst das für 2. Oktober angesetzte Referendum über den Lissabon-Reformvertrag in Irland abwarten, bevor er mit der Zusammenstellung der nächsten Kommission beginnt.
Kommissare
"Die Kommissare werden bestellt, wenn Klarheit
besteht, welchen Vertrag wir haben", sagte Barroso. Er könne daher jetzt
noch keine verbindlichen Erklärungen abgeben, wolle aber bereits informelle
Gespräche mit den Regierungschefs aufnehmen. Barroso betonte, die Wiederwahl
durch das Europaparlament verleihe ihm noch mehr Energie und Autorität. In
Zukunft wolle er für mehr Solidarität und gegen nationale Egoismen in der EU
kämpfen.
Stimmen der Skeptiker
"Es gab mehr Stimmen als manche mitunter
gedacht haben", sagte der portugiesische Konservative, der vor allem Kritik
aus den Reihen der Sozialdemokraten, Grünen und Linken einstecken musste.
Dass er auch die Unterstützung von tschechischen, britischen und polnischen
Euroskeptikern erhielt, verteidigte Barroso. Er lehne zwar Extremismus und
Populismus ab, nicht aber demokratische Kräfte.
Übergangszeit
Das Mandat der amtierenden EU-Kommission läuft
Ende Oktober ab. Barroso sagte, die amtierende Kommission werde für einen
Übergangszeitraum weiter die Geschäfte führen, denn Anfang November werde
der Lissabon-Reformvertrag noch nicht in Kraft sein. Die gesamte neue
EU-Kommission muss dann noch extra vom Europaparlament bestätigt werden.
Zustimmung
Der schwedische Ministerpräsident und amtierende
EU-Vorsitzende Fredrik Reinfeldt begrüßte die Wahl Barrosos durch die
Abgeordneten. Dies gebe der EU jene Stabilität, die sie zur Bewältigung der
Klima-und Wirtschaftskrise brauche, erklärte er. Die schwedische
Europaministerin Cecilia Malmström ergänzte, sollte das Lissabon-Referendum
in Irland positiv ausfallen und auch der tschechische Staatspräsident Vaclav
Klaus seine Zustimmung zu dem neuen Vertrag geben, wolle der schwedische
EU-Vorsitz ein umfassendes Personalpaket beim EU-Gipfel am 29./30. Oktober
zum Beschluss vorbereiten. Im Vorfeld des Gipfels sollte Barroso dann
bereits eine Liste mit Kommissaren an das EU-Parlament übermitteln.
Blair als Ratspräsident?
Zu besetzen sind unter anderem die
Nachfolge des EU-Außenbeauftragten Javier Solana und - sollte der
EU-Reformvertrag kommen - der neue Posten des EU-Ratspräsidenten. Für
letzteren sind unter anderem der britische Ex-Premier Tony Blair und der
niederländische Ministerpräsident Jan Peter Balkenende im Gespräch.
Pröll erfreut
In Österreich gratulierte Vizekanzler
Finanzminister Josef Pröll (V) Barroso zur Wiederwahl. "Die Wiederwahl des
Kommissionspräsidenten Barroso durch eine absolute Mehrheit des europäischen
Parlaments ist ein klarer Auftrag für die Zukunft Europas", betonte er. "Ein
klares Votum für eine klare Linie", begrüßte der ÖVP-Delegationsleiter im
Europaparlament, Ernst Strasser, das Abstimmungsergebnis.
"Armutszeugnis"
SPE-Fraktionsvorsitzende Martin Schulz
sagte laut dpa, Barroso sei "eine Fehlbesetzung". Es sei ein
"Armutszeugnis", dass der Kommissionspräsident auch auf der Basis der
Stimmen von Euroskeptikern gewählt sei. "Ich erwarte nichts von ihm", sagte
Schulz.
Für Barroso stimmten im Europaparlament vor allem Christdemokraten, Konservative und Liberale. 219 Abgeordnete, vor allem Grüne und Linke, votierten gegen Barroso. 117 Parlamentarier, die meisten davon Sozialdemokraten, hatten sich enthalten.