Fatima Bhutto, die Nichte der pakistanischen Oppositionschefin erhebt schwere Vorwürfe gegen ihre Tante: Korruption und ein Pakt mit Musharraf.
Im Machtkampf in Pakistan wirft die Nichte von Benazir Bhutto, Fatima Bhutto, der pakistanischen Oppositionschefin vor, Profit aus der Diktatur zu schlagen. Dies sagte die in Islamabad, New York und in London lebende Schriftstellerin im ÖSTERREICH-Interview. Die prominente Buchautorin und Akademikerin Fatima Bhutto (25) gilt als Führungsreserve des Bhutto-Clans.
Das Interview
ÖSTERREICH: Was ist Ihr Haupt-Kritikpunkt an Ihrer
Tante Benazir Bhutto?
Fatima Bhutto: Meine Kritik ist rein politisch, nicht persönlich. Benazir steht für Korruption großen Umfangs. Es geht um den Diebstahl von einer geschätzten Milliarde Dollar von unserem Land während ihrer zwei Regierungszeiten. Pakistan ist ein Entwicklungsland, ein armes noch dazu. Deshalb ist ihr Diebstahl ein Verbrechen. Ihre Politik war immer gefährlich, ihr Ziel war immer die Macht, und sie ließ sich in ihrer Gier danach nicht stoppen. Ich glaube, Politik muss von Prinzipien geleitet werden und muss ihre Stärke vom Volk beziehen.
Pakt zwischen Bhutto und Musharraf?
ÖSTERREICH: Glauben Sie an
einen politischen Pakt zwischen Ihrer Tante und General Musharraf?
Bhutto: Mit Sicherheit gibt es einen Pakt zwischen Musharraf und Benazir. Sie hat ihn gebeten, dass er ihr erlaubt, zum dritten Mal Premierministerin zu werden – durch die illegale Änderung unserer Verfassung, die nur zwei Amtsperioden zulässt. Auch ersuchte sie ihn, Korruptionsvorwürfe gegen sie aus dem Weg zu räumen, was er durch krass ungesetzliche Erlässe getan hat. Diese Erlässe löschen 20 Jahre voll mit Korruptionsfällen aus unserer Geschichte. Benazir profitiert enorm von der Diktatur, sie hat unter einer wahren Demokratie nichts zu gewinnen.
ÖSTERREICH: Wie hoch ist der Rückhalt von Benazir Bhutto und General Musharraf in der pakistanischen Öffentlichkeit?
Bhutto: In beiden Fällen sehr gering. Sie werden beide als Marionetten der Bush-Regierung und als Strohmänner der Amerikaner gesehen.
Angst vor Pakistans Atomwaffen
ÖSTERREICH:Die Welt ist sehr
besorgt über das Atomwaffenarsenal Pakistans. Ist diese Angst
gerechtfertigt?
Bhutto: Die Welt sollte wegen Atomwaffen generell in Sorge sein. Jeder Staat, der Atommacht besitzt, ist gefährlich. Die Bedrohung des Weltfriedens kommt somit von allen Atomstaaten. Pakistan ist in dieser Hinsicht keine Bedrohung – zumindest nicht mehr als andere.
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Im Protest gegen den Ausnahmezustand in Pakistan hat Oppositionsführerin Benazir Bhutto erstmals Präsident Pervez Musharraf zum Rücktritt aufgefordert. Sie werde niemals als Regierungschefin unter seiner Führung arbeiten, ihre Verhandlungen mit Musharraf seien gescheitert, sagte die frühere Ministerpräsidentin am Dienstag in einem Telefoninterview mit dem britischen TV-Sender Sky News. "Es ist Zeit für ihn zu gehen", sagte Bhutto. "Er muss als Präsident zurücktreten."
Wieder unter Hausarrest
Die Behörden hatten die
Ex-Premierministerin am Montagabend in der ostpakistanischen Metropole
Lahore für eine Woche unter Hausarrest gestellt, um einen geplanten "langen
Marsch für die Demokratie" zu verhindern. Ihr Haus in Lahore wurde
abgeriegelt und die Polizei errichtete Straßensperren in der Stadt, um den
geplanten Protest-Autokorso in die Hauptstadt Islamabad zu verhindern.
20.000 Sicherheitskräfte wurden in Einsatzbereitschaft versetzt. Mehrere
Demonstranten wurden festgenommen.
Hunderte Anhänger der unter Hausarrest gestellten Oppositionsführerin haben unterdessen am Dienstag in Lahore nichtsdestotrotz den Protestmarsch gegen den Ausnahmezustand begonnen. "Wir sind unterwegs von Lahore Richtung Kasur auf dem Weg nach Islamabad", sagte der Anführer von Bhuttos Volkspartei (PPP) in der Provinz Punjab, Shah Mehmood Qureshi.