"Rubygate"-Affäre

Berlusconi muss wegen Sexaffäre vor Gericht

15.02.2011

Der Prozess gegen den italienischen Regierungschef soll am 6. April beginnen.

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Silvio Berlusconi muss sich wegen der Sexaffäre um eine junge Marokkanerin in einem Schnellverfahren vor Gericht verantworten. Das entschied die Ermittlungsrichterin Cristina Di Censo am Dienstag in Mailand. Der Prozess soll am 6. April beginnen.

Laut Di Censo bestehen genügend Schuldbeweise gegen Berlusconi, um gegen ihn einen Schnellprozess zu beantragen. Ein Gericht aus drei Frauen wird in Mailand den Prozess gegen Berlusconi wegen Amtsmissbrauch und Sex mit einem minderjährigen Callgirl führen. Regierungschef Berlusconi, der sich derzeit in Palermo aufhält, weigerte sich, den Beschluss der Untersuchungsrichterin zu kommentieren.

Berlusconi drohen bei einer Verurteilung bis zu drei Jahre Haft.

700 Seiten starker Akt
Fast 700 Seiten lang ist nun das Beweismaterial, das die Mailänder Staatsanwaltschaft diesmal gegen den 74-jährigen Regierungschef gesammelt hat. Zu den Ermittlern, die kurzen Prozess für Berlusconi verlangen, gehören unter anderem die Staatsanwältin Ilda Boccassini (61) und Oberstaatsanwalt Edmondo Bruti Liberati (66). Für Boccassini ist Berlusconi so etwas wie ein langjähriger Feind.

Die "rote Ilda" jagt Berlusconi
Tatsächlich ermittelt die gebürtige Neapolitanerin gegen den Medienmogul schon fast so lange wie dessen politische Karriere andauert, seit mehr als 15 Jahren. Mehrfach gelang es ihr bereits, den Cavaliere wegen Bestechung und Korruption vor den Kadi zu bringen. "Das ist eine Person, die das italienische Volk belügt", urteilte die medienscheue Ermittlerin schon in einem der ersten Verfahren. Auch wenn eine rechtskräftige Verurteilung bisher ausblieb: Für Berlusconi mit seiner notorischen Abneigung gegen die "linken Richterroben" ist Boccassini schon seit langem ein rotes Tuch.

"Ilda la Rossa", die rote Ilda, nennen er und seine Gefolgsleute die Staatsanwältin und dabei geht es ihnen nicht etwa um das feuerrote Haar der Juristin. Obwohl Boccassini weder Kommunistin noch überhaupt jemals politisch aktiv war, unterstellen ihr der Regierungschef und die Seinen "subversive Absichten". Eine von Berlusconis Zeitungen veröffentlichte kürzlich gar einen Bericht über eine Liebesaffäre der Staatsanwältin mit einem linksradikalen Journalisten aus dem Jahre 1982. Der Zeitung ging es darum, die "linke Gesinnung" der Staatsanwältin zu "beweisen".

Boccassini kommt dabei aus dem Kampf gegen die Mafia. Seit Jahrzehnten kämpft die Ermittlerin gegen das organisierte Verbrechen in ganz Italien. Nachdem der sizilianische Richter Giovanni Falcone und sein Mitarbeiter Paolo Borsellino 1992 von der sizilianischen "Cosa Nostra" brutal ermordet wurden, ließ sie sich nach Sizilien versetzen, um den Kampf ihres großen Vorbildes Falcone weiterzuführen. Nach zwei Jahren kehrte sie nach Mailand zurück. Auch im Norden Italiens ist die Mafia und vor allem die kalabrische N'drangheta bis heute aktiv. Boccassini ist geschieden und hat zwei erwachsene Kinder.

Liberati - Mann mit gutem Ruf
Der Mailänder Chefankläger, Boccassinis Kollege, Oberstaatsanwalt Edmondo Bruti Liberati, ist weniger bekannt. Der 66-Jährige trat bisher vor allem durch kühle Gelassenheit hervor. Den heftigen Attacken aus Berlusconis Regierungspalast, die der Staatsanwaltschaft gar Bürgerkriegsabsichten vorwarfen, begegnete er unaufgeregt. Die Staatsanwaltschaft gehe ihrer täglichen Arbeit nach "mit vollem Ernst und in Übereinstimmung mit dem Verfassungsauftrag", so Bruti Liberati.

Der Mann mit der großen Hornbrille, der einem Grafengeschlecht aus Ripatransone in der Marken-Region entstammt, war 2010 mit großer Mehrheit zum Oberstaatsanwalt der lombardischen Metropole gewählt worden. Zu seinen Spezialgebieten gehörten zuvor Delikte gegen die öffentliche Verwaltung sowie Steuer- und Wirtschaftskriminalität. Hier war sein Ruf so gut, dass er zeitweise Mitglied des Überwachungsgremiums von OLAF wurde, dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung. Aus seinem Privatleben drang nur an die Öffentlichkeit, dass sein einziger Sohn mit 31 Jahren bei einem Verkehrsunfall tragisch ums Leben kam.



Durnwalder fürchtet weltweiten Imageschaden
Südtirols Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) fürchtet einen gewaltigen weltweiten Imageschaden für Italien, der auf die Eskapaden von Ministerpräsident Silvio Berlusconi zurückgehe. In einem Interview mit dem europapolitischen Portal EurActiv.de bekräftigte Durnwalder am Dienstag seine Forderung, dass bei den Mahnmalen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs der "Geist des Faschismus getilgt" werden müsse.

Die Sympathiekundgebung von Ministerpräsident Berlusconi gegenüber Hosni Mubarak habe dem Ansehen des Landes sehr geschadet, die Eskapaden und Affären des Regierungschefs lenken von den wichtigen Herausforderungen ab. "Der Staat riskiert, international den Anschluss zu verlieren", sagte Durnwalder. Italiens Politik müsse möglichst schnell aus der verfahrenen Situation herausfinden.
 

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