Protest angekündigt
Berlusconi will AKW bei Venedig bauen
09.12.2009
Italien hatte bisher auf Nuklearenergie verzichtet.
Trotz heftiger Kritik von Umweltaktivisten hält der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi an seinen Plänen zur Reaktivierung der Atomkraft in seinem Land fest. Nach Angaben der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" vom Mittwoch soll das erste italienische Atomkraftwerk in Chioggia - ca. 30 km Luftlinie Venedig entfernt - errichtet werden. Der Atommüll soll in Süditalien gelagert werden. Der Spatenstich für den Bau des Atomkraftwerks soll bereits vor 2013 stattfinden. Das AKW soll bis 2020 in Betrieb gesetzt werden.
Weitere Atomkraftwerke geplant
Chioggia steht auf der Liste der
italienischen Ortschaften, in denen die Regierung Berlusconi neue
Atomkraftwerke errichten will und die bis zum 15. Februar veröffentlicht
werden soll. Die Grünen behaupten, die von dem Stromkonzern Enel erstellte
Liste bereits in die Hände bekommen zu haben. Der Liste zufolge sollen
weitere Atomkraftwerke im friaulischen Monfalcone (25 km nordwestlich von
Triest), in Caorso in der Region Emilia Romagna (auf halber Strecke zwischen
Mailand und Bologna) und im piemontesischen Trino Vercellese (50 km östlich
von Turin) errichtet werden.
Weitere Ortschaften, in denen laut der von den Grünen veröffentlichten Liste Atomkraftwerke gebaut werden könnten, sind Montalto di Castro (40 km östlich von Monte Argentario) und Borgo Sabotino (70 km südöstlich von Rom) in der Region Latium, Garigliano (170 km südöstlich von Neapel), Oristano auf Sardinien und Palma auf Sizilien (20 km südöstlich von Agrigent). Insgesamt plant die Regierung Berlusconi aber "nur" vier Atomkraftwerke.
Massiver Widerstand angekündigt
Enels Chef Fulvio Conti
bestritt, dass die von den Grünen veröffentlichte Liste stimme. "Ich werde
nicht einmal unter Folter sagen, wo die Atomkraftwerke errichtet werden
sollen, bevor kein offizieller Beschluss gefasst worden ist", so Conti. Der
Präsident der Grünen, Andrea Bonelli, kündigte eine massive Kampagne gegen
Italiens Rückkehr zur Atomkraft an. "Die Regierung Berlusconi führt Italien
in ein gefährliches Abenteuer, für das die Italiener einen hohen Preis
zahlen werden. Die 20 Milliarden Euro für den Bau der neuen Atomkraftwerke
werden die Italiener zahlen müssen", sagte Bonelli.
Der italienische Stromkonzern Enel und Electricite de France (EdF) hatten Anfang August ein Joint Venture mit dem Auftrag gegründet, Machbarkeitsstudien für die Errichtung von mindestens vier Atomkraftwerken mit Technologie der dritten EPR-Generation (Europäischer-Druckwasserreaktor) in Italien durchzuführen. Enel und EdF werden je die Hälfte an dem neuen Gemeinschaftsunternehmen mit Sitz in Rom halten, das "Sviluppo Nucleare Italia Srl" heißen wird.
Nuklearenergie abgelehnt
Italien ist neben Österreich eines der
wenigen Länder, das bisher der Atomkraft abgeschworen hat. 1987, ein Jahr
nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl, lehnten die Italiener in einer
Volksabstimmung die Nuklearenergie im eigenen Land ab. Drei Atomkraftwerke
mussten abgeschaltet werden, ein viertes ging nicht mehr ans Netz. Doch seit
langem schon drängt die italienische Atomlobby zum Bau neuer Atomkraftwerke
- und die Regierung Berlusconi tritt ebenfalls offenbar dafür ein.