Patrizia D'Addario ist zu Gast im TV. Sie brachte den Callgirl-Skandal auf den Teppich. Italiens Premier Berlusconi schäumt vor Wut.
Der Streit zwischen dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und regierungskritischen Medien spitzt sich zu. Für einen Eklat sorgte die Entscheidung des bekannten RAI-Moderators Michele Santoro, das Callgirl Patrizia D'Addario als Gast seiner am Donnerstagabend gesendeten Talkshow "Annozero" einzuladen. D'Addario behauptet, eine bezahlte Nacht mit Berlusconi in seiner römischen Residenz verbracht zu haben. Sie hatte den Skandal um Partys mit Callgirls in Berlusconis Residenzen ins Rollen gebracht.
Berlusconi tobt
Berlusconi reagierte wütend: "Es ist
eine Schande. Es ist inakzeptabel, dass ein Staatsfernsehen eine
Prostituierte einlädt, um den Premierminister zu verleumden",
wurde Berlusconi von der römischen Tageszeitung "La
Repubblica" am Donnerstag zitiert. Er bezweifle, dass
regierungskritische RAI-Shows wie Annozero und Ballaro, die ihn öfters offen
attackiert haben, unter den Zuschauern erfolgreich seien. "Ich habe
keine Zeit, fern zu sehen. Ich glaube aber nicht, dass sich die Zuschauer
für diese Sendungen Interessieren", sagte Berlusconi. Er wünschte
den regierungskritischen Moderatoren ein langes Leben: "Sie bringen der
Mitte-Rechts-Allianz Wählerstimmen."
Demo für Medienfreiheit
Eine für Samstag in Rom geplante
Demonstration für Medienfreiheit in Italien, zu der die
Journalistengewerkschaft und einige Oppositionsparteien aufgerufen haben,
fürchtet Berlusconi nicht: "Diese Demonstration ist eine absolute
Farce und schadet dem Ansehen Italiens."
Der Premierminister ließ sich auch nicht von dem Brief einiger EU-Parlamentarier beeindrucken, in dem vor mangelndem Pluralismus in Italiens Medienlandschaft gewarnt wurde. "In Italien gibt es eine derart große Medienfreiheit, die mit keinem anderen Land verglichen werden kann", betonte Berlusconi.
Die von Berlusconi kontrollierte Tageszeitung "Il Giornale" rief die Zuschauer auf, aus Protest gegen "Annozero" die RAI-Gebühr nicht zu zahlen. Es sei inakzeptabel, dass mit den Gebühren Programme finanziert werden, deren Ziel der Sturz des demokratisch gewählten Ministerpräsidenten sei.
Jelinek unterschreibt Appel gegen Berlusconi
Die österreichische
Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek sowie andere prominente
Kulturschaffende haben eine Solidaritätserklärung für die römische
Tageszeitung "La Repubblica" unterzeichnet, von der der
italienische Regierungschef Silvio Berlusconi wegen ihrer Berichte über
angebliche Sex-Affären und wilde Partys eine Million Euro Schadensersatz
fordert. Die Unterschriftensammlung wurde von drei angesehenen
italienischen Juristen initiiert. Diese beschuldigen Berlusconi, mit seiner
Schadenersatzforderung die freie Presse einzuschüchtern, um sie zum
Schweigen zu bringen. Neben Jelinek unterzeichneten auch weitere neun
Nobelpreisträger u.a. Günter Grass, Doris Lessing, Edmund Phelps, Josè
Saramago, Wislawa Szymborska und Betty Williams den Appell.