Chronologie

Berlusconis schwarzes Jahr

08.10.2009

Der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi erlebt das schwierigste Jahr seit seinem Einstieg in die Politik 1993.

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Skandale um sein Privatleben, wiederholte Konflikte mit Medien im In- und Ausland, Justizprobleme und zuletzt das vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig erklärte Immunitätsgesetz, das ihm bisher Straffreiheit gewährt hatte, haben das Ansehen des Ministerpräsidenten und Medienunternehmers stark belastet. Hier eine Chronologie von Berlusconis "schwarzem Jahr":

April 2009: Veronica Lario, Berlusconis Ehefrau, kritisiert die Partei ihres Mannes und ihn selbst wegen des Beschlusses, bei den Europawahlen im Juni besonders auf Showgirls, Schauspielerinnen und andere attraktive Frauen aus dem Fernsehen zu setzen, um Wählerstimmen zu gewinnen. "Die Schamlosigkeit der Macht beleidigt die Glaubwürdigkeit der Frauen, vor allem derjenigen, die seit jeher für die Gleichberechtigung kämpfen", so Lario. Nach dem Protest seiner Frau und der Opposition beschließt Berlusconi, die Showgirls aus seinen Wahllisten zu streichen.

3. Mai 2009: Veronica Lario kündigt die Trennung von ihrem Mann nach 20 Ehejahren an. "Ich kann nicht bei einem Mann bleiben, der mit Minderjährigen verkehrt", sagt Lario. Hintergrund der Bemerkung ist die unklare Beziehung Berlusconis zur 18-jährigen Schülerin Noemi Letizia, zu deren Geburtstagsfeier Berlusconi Ende April überraschend erschienen war. "Papi", wie Berlusconi von dem Mädchen liebevoll genannt wird, brachte als kleines Geschenk für die erreichte Volljährigkeit ein mit Diamanten besetztes Goldcollier mit. Er soll mit ihr aber schon lange vor ihrer Volljährigkeit engen Kontakt gehabt haben.

19. Mai 2009: David Mills, früherer Anwalt Berlusconis, der im Februar von einem Gericht in Mailand zu vier Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden war, hat in mehreren Prozessen zugunsten des Regierungschefs falsch ausgesagt, um ihn und seine Mediengruppe zu schützen, erklären Richter in Mailand. Mills habe für seine Falschaussagen vor Gericht von Berlusconi 600.000 Dollar (444.642 Euro) erhalten, so die Richter. Der Prozess gegen den Regierungschef selbst war im vergangenen Oktober wegen einer im Parlament beschlossenen Immunitätsregelung ausgesetzt worden - diese Regelung wird im Oktober 2009 für verfassungswidrig erklärt.

29. Mai 2009: Das Nachrichtenmagazin "L'Espresso" berichtet, dass Berlusconi 50 junge Frauen im Alter von 20 bis 30 Jahren nach Sardinien eingeladen haben soll, um in seiner Luxusvilla Neujahr 2007/08 zu feiern. Die Frauen, darunter mehrere Schauspielerinnen und Showgirls, seien mit Berlusconis Privatflugzeug nach Sardinien geflogen worden. Berlusconi habe jeder ein Schmuckstück geschenkt. Berlusconi wendet sich an die Justiz, um die Veröffentlichung von rund 700 Fotos zu verhindern, die zwischen Mai 2008 und Anfang 2009 in Berlusconis Villa vom Fotografen Antonello Zappaddu geschossen worden waren.

18. Juni 2009: Die süditalienische Escort-Lady Patrizia D'Addario behauptet in einem Interview, dass sie zu zwei Partys in Berlusconis Privatresidenz Palazzo Grazioli eingeladen worden sei. Dafür seien ihr 2.000 Euro versprochen worden. Da sie bei Berlusconi nicht übernachtet hatte, wurden ihr angeblich nur 1.000 Euro gezahlt. Ein zweites Mal habe sie bei Berlusconi die Nacht verbracht, aber dafür kein Geld bekommen. Auch weitere junge Frauen behaupten, beim Ministerpräsidenten übernachtet zu haben.

Ende August 2009: Berlusconi klagt die römische Tageszeitung "La Repubblica" und andere europäische Blätter wegen ihrer Berichte über die Sex-Affären auf Schadenersatz. Eine Million Euro verlangt Berlusconi von "La Repubblica". Seine eigene Tageszeitung "Il Giornale" startet eine Kampagne gegen den Chefredakteur der katholischen Tageszeitung "L'Avvenire", Dino Boffo, der Berlusconis Verhalten des öfteren als schlechtes Beispiel für Italien angeprangert hatte. Anfang September tritt Boffo zurück, weil er sich und seine Familie nicht länger der Medienkampagne aussetzen will.

3. Oktober 2009: Über 200.000 Menschen gehen in Rom auf die Straße, um für die Medienfreiheit in Italien zu demonstrieren. An der Großkundgebung auf der Piazza del Popolo im Herzen der Ewigen Stadt beteiligten sich Vertreter der italienischen Oppositionsparteien, der Journalistenverband FNSI und mehrere andere regierungskritische Organisationen.

7. Oktober 2009: Das italienische Verfassungsgericht hebt die Immunität Berlusconis vor Strafverfolgung auf. Ein umstrittenes Immunitätsgesetz wird für nicht rechtskonform erklärt. Damit droht dem reichsten Mann Italiens die Wiederaufnahme von mindestens zwei Verfahren.

17. Oktober 2009: Berlusconi erhält Morddrohungen. Die "Revolutionäre Brigade für den kämpferischen Kommunismus" ruft in einem Brief an die Redaktion der Tageszeitung "Il Riformista" zu einer "bewaffneten Revolution wien in Kuba" auf.

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