Nach der extrem schwachen Leistung von Präsident Joe Biden im ersten TV-Duell vor der Präsidentschaftswahl im November bringen sich jetzt mögliche Ersatzkandidaten in Stellung. Das sind Bidens Top-Herausforderer im demokratischen Lager.
US-Präsident Joe Biden (81) wankt. Noch beharrt er darauf: "Ich werde kandidieren" (engl. "I am running"). Glauben tun das längst nicht mehr alle. Gegenüber engsten Vertrauten soll Biden selbst Zweifel geäußert haben, berichtete die Zeitung "New York Times".
Bidens Team verneinte alles, der Vertraute blieb anonym. Dennoch bringen sich längst Herausforderer von Biden in Stellung. Angesichts der Gerüchte, dass bald dutzende demokratische Abgeordnete Biden per Brief zum Rücktritt auffordern wollen, ist die Umschau nach Alternativ-Kandidaten längst im Gange. Hier die wichtigsten:
Vizepräsidentin Kamala Harris
Die 59-Jährige scheint eine offensichtliche Wahl - als Vize-Präsidentin würde sie etwa im Todesfall Bidens die Aufgaben des Staatschefs übernehmen. Die Tochter eines Jamaikaners und einer Inderin ist eine Pionierin: Sie war die erste Frau im Amt der Vize-Präsidentin, zudem war kein Amtsinhaber vor Harris schwarz. Einige Jahre zuvor war die Juristin schon als erste Frau und erste Schwarze Generalstaatsanwältin ihres Heimatstaates Kalifornien geworden.
Als Staatsanwältin hat sich Harris den Ruf erarbeitet, streng zu sein - das könnte sie im Wahlkampf, der sich um Einwanderung und Kriminalität drehen dürfte, zu ihrem Vorteil nutzen. Allerdings haben einige Demokraten auch ihre harten Strafen für minderjährige Täter kritisiert, da davon unverhältnismäßig viele Angehörige von Minderheiten betroffen seien.
Es gibt jedoch keine Regel, dass eine Vizepräsidentschaftskandidatin auch die designierte Nachrückerin als Präsidentschaftsbewerberin ist. Die einstige Senatorin Harris kommt nur auf klägliche Zustimmungswerte, weshalb sich die Demokraten im Fall der Fälle nach einer anderen Möglichkeit umschauen könnten.
Vizepräsidentin Kamala Harris, Josh Shapiro, Gretchen Whitmer und Gavin Newsom könnten Joe Biden ersetzen (v.l.).
Gouverneur von Kalifornien: Gavin Newsom
Der Name des Gouverneurs von Kalifornien taucht in den Diskussionen um eine mögliche Nachfolge Bidens immer wieder auf. Der 56-Jährige war einst Bürgermeister von San Francisco und regiert seit fünf Jahren den bevölkerungsreichsten Bundesstaat der USA. Unter anderem hat er Kalifornien zu einem Zufluchtsort für Abtreibungswillige gemacht. Bisher hat Newsom Biden stets den Rücken gestärkt - doch zugleich machte er nie einen Hehl aus seinen eigenen Präsidentschaftsambitionen.
In den vergangenen Monaten ist Newsom verstärkt international gereist, hat mehrfach Werbung geschaltet, in der seine Leistungen angepriesen wurden, und Millionenbeträge in ein Komitee investiert, das seinen Wahlkampf unterstützt. Damit hat er Spekulationen genährt, dass er sich 2028 um die US-Präsidentschaft bewerben will - also warum nicht schon 2024?
Michigans Gouverneurin Gretchen Whitmer
Michigan ist einer der sogenannten Swing States, in denen weder die Demokraten noch die Republikaner mit einem klaren Sieg rechnen können und die letztlich entscheidend für den Ausgang der Präsidentschaftswahl am 5. November sind. Für die Unterstützer von Michigans Gouverneurin Gretchen Whitmer ist das ein starkes Argument für eine Kandidatur der Politikerin.
Die 52-Jährige ist eine scharfe Kritikerin von Ex-Präsident Donald Trump. Sie ist bekannt dafür, zum Ziel einer geplanten Entführung durch eine rechte Miliz geworden zu sein. In ihrem Bundesstaat leben viele schwarze und arabisch-amerikanische sowie viele der Arbeiterklasse zugehörige Wähler - Bevölkerungsschichten, die Biden bisher nur mit Mühe umwerben konnte.
Whitmer selbst hat Gerede um eine Kandidatur zurückgewiesen. Sie stehe im Kampf gegen Trump "zu 100 Prozent" hinter Biden, gab sie an.
Josh Shapiro, Gouverneur von Pennsylvania
Der 51-jährige Shapiro regiert als Gouverneur von Pennsylvania den größten der Swing States im diesjährigen Rennen um die Präsidentschaft. Vor seinem Antritt als Gouverneur Anfang 2023 war Shapiro in Pennsylvania zwei Mal zum Generalstaatsanwalt gewählt worden. In diesem Amt ging er etwa gegen Purdue Pharma vor, den Produzenten des stark süchtig machenden Schmerzmittels Oxycontin. Shapiro ist ein eindringlicher Redner und ein erklärter Zentrist - beide Eigenschaften könnten ihn dazu bringen, ein Amt auf nationaler Ebene anzustreben.
Viele wünschen sich Michelle Obama
Neben den Genannten zirkulieren die Namen des Gouverneurs von Illinois, JB Pritzker, seines Amtskollegen in Maryland, Wes Moore, und des Gouverneurs in Kentucky, Andy Beshear. Allerdings scheinen die Chancen der drei Gouverneure nicht besonders groß. Auch die Namen der Senatorin Amy Klobuchar und des US-Verkehrsministers Pete Buttigieg sind in der Diskussion um eine mögliche Nachfolge bereits gefallen.
Immer wieder genannt wird auch die frühere First Lady Michelle Obama, die für viele Demokraten eine Lichtgestalt ist. Sie hat jedoch in der Vergangenheit konsequent betont, dass sie kein politischer Mensch sei und nie Interesse am Präsidentenamt gehabt habe.