Kommunal-Wahlen
Bittere Niederlagen für Sarkozy
16.03.2008
Bei den Kommunalwahlen in Frankreich siegte die linke Opposition in mehreren mittelgroßen und großen Städten.
In Frankreich hat die linke Opposition bei den Gemeindewahlen 38 Städte mit mehr als 30.000 Einwohnern hinzugewonnen. Damit regieren Sozialisten, Kommunisten und Verbündete fortan in 183 von 314 größeren Städten, wie am Montag aus den durch das Innenministerium in Paris veröffentlichten vorläufigen Ergebnissen hervorging. Linke Parteien stellen damit in 58 Prozent der Kommunen dieser Größe den Bürgermeister. Die bürgerlichen Konservativen von Staatspräsident Nicolas Sarkozy und ihnen zugerechnete Vertreter kommen noch auf 124 Rathäuser, die Zentrumspartei MoDem von Ex-Präsidentschaftskandidat Francois Bayrou auf sieben. Das Regierungslager verlor auch traditionelle Hochburgen wie Straßburg und Toulouse. In Paris hat der sozialistische Bürgermeister Bertrand Delanoe sein Amt erwartungsgemäß verteidigt.
Linke Absolute in Départements
Landesweit erhielt die linke
Opposition bei der Kommunalwahl, deren zweiter Durchgang am Sonntag
stattfand, 49,3 Prozent der abgegebenen Stimmen, wie das Ministerium in
einer vorläufigen Berechnung für Kommunen mit mehr als 3500 Einwohnern
mitteilte. Die Konservativen erreichten 47,5 Prozent. Noch deutlicher war
der Sieg der Linken bei den gleichzeitig stattfindenden Bezirkswahlen in den
französischen Départements: Dort kam sie auf 51,3 Prozent und die
bürgerliche Regierungsmehrheit auf 44,5 Prozent. Die Wahlbeteiligung war in
der zweiten Runde so niedrig wie seit 1959 nicht mehr. 38,3 Prozent der
wahlberechtigten Franzosen gingen bei der Kommunalwahl nicht zur Abstimmung,
meldete das Ministerium laut vorläufigen Zahlen. Bei der Département-Wahl
enthielten sich demnach sogar 44,7 Prozent.
"Rote Welle"
Sarkozy sieht sich nach der Niederlage
wachsender Kritik aus den eigenen Reihen ausgesetzt. "Es gibt offensichtlich
eine "rote Welle", sagte Ex-Premierminister Jean-Pierre Raffarin am Montag
dem Sender LCI mit Blickrichtung auf den Sieg der Sozialisten (PS). Grund
dafür sei, dass "man über Reformen geredet und dabei Angst gemacht hat, ohne
von Ergebnissen zu sprechen". "Die Regierung muss die Richtung korrigieren",
fügte Raffarin hinzu. Der Fraktionschef der Präsidentenpartei UMP in der
Nationalversammlung, Jean-Francois Copé, sprach von einer "Kombination der
Ungeduldigen und Unzufriedenen". Parteisprecherin Nadine Morano, unterlegene
Kandidatin für das Bürgermeisteramt im nordostfranzösischen Toul, sagte, sie
sei zum Teil auch Opfer einer "Sanktions-Wahl" geworden. Die Umfragewerte
des seit zehn Monaten amtierenden Staatspräsidenten brachen zuletzt wegen
des Unmuts der Wähler über seinen Lebenswandel sowie steigende
Lebenshaltungskosten massiv ein.
Linker Erfolg als "Sanktion"
Bildungsminister Xavier
Darcos verlor im südwestfranzösischen Périgueux sein Bürgermeisteramt an
einen Sozialisten. In Paris scheiterte im vierten Bezirk Kulturministerin
Christine Albanel mit ihrer Kandidatur. In Colombes bei Paris wurde die
Staatssekretärin für Menschenrechtsfragen, Rama Yade, durch einen
Sozialisten geschlagen. Die Linke interpretiert ihren Erfolg als "Sanktion"
für die konservative Regierung und als Ermutigung für einen Neustart der
Opposition. "Dieses Wahlergebnis war eine unbestreitbare Sanktion für die
Regierungspolitik, und dies umso mehr, als sich die Regierung zwischen den
beiden Durchgängen stark im Wahlkampf engagiert hat", betonte PS-Sprecher
Julien Dray am Sonntagabend. Kommunistenchefin Marie-George Buffet sieht in
dem Wahlergebnis einen Appell der Wähler an die Linke zum "Schutz vor der
konservativen Regierungspolitik".