Der britische Ex-Premier: "Die Anschläge vom 11. September veränderten alles".
Bei seinem Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss zum Irak-Krieg hat Ex-Regierungschef Tony Blair den Einmarsch der britischen Truppen 2003 in den Irak verteidigt. Ein wichtiger Grund für die Entscheidung zur Truppenentsendung seien die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA gewesen, sagte Blair am Freitag in London. Hunderte Demonstranten protestierten in der Zwischenzeit vor dem Kongresszentrum in der Innenstadt.
9/11 als Wendepunkt
Bis zum 11. September 2001 sei der ehemalige
irakische Machthaber Saddam Hussein "ein Risiko" gewesen, das aber in Schach
gehalten werden konnte, sagte Blair bei der für insgesamt sechs Stunden
angesetzten Anhörung. Diese Einschätzung habe sich aber nach den
Terroranschlägen völlig geändert. Nach den Attentaten des Terrornetzwerkes
Al-Kaida gegen das World Trade Center in New York und auf das Pentagon in
Washington sei die Bedrohung durch religiöse Fanatiker viel größer geworden.
"Wir konnten es uns nicht erlauben, dass ein solches Regime
Massenvernichtungswaffen entwickelt", sagte er auf die Frage des
Ausschussvorsitzenden John Chilcot, warum Großbritannien in den Irak
einmarschiert sei. Saddam Hussein hätte Waffen an Al-Kaida weitergeben
können.
Saddam "eine Plage"
Saddam Hussein sei vor den
Terroranschlägen "eine Plage, eine Bedrohung" gewesen, führte Blair aus. "Er
war ein Monster, aber wir wollten versuchen, das Beste daraus zu machen."
Nach den Terroranschlägen sei aber klar geworden, dass diese Strategie nicht
funktioniere, sagte er vor 80 im Losverfahren ausgewählten Zuhörern,
darunter Angehörige von im Irak getöteten Soldaten.
Treffen mit Bush
Die Frage, ob Saddam Hussein gestürzt werde
müsse, sei zu Beginn des Jahres 2002 erörtert worden. Er habe darüber mit
dem damaligen US-Präsidenten George W. Bush auf seiner Ranch in Crawford,
Texas, gesprochen. Blair verneinte jedoch, dass es dort genaue
Vereinbarungen für einen Einmarsch gegeben habe. "Wie wir es tun, war eine
offene Frage", sagte er. Er hätte jedoch niemals Truppen in den Irak
geschickt, wenn er nicht geglaubt hätte, dass es sich um die richtige
Entscheidung handle.
Blutige Demonstranten
Die Demonstranten vor dem Kongressgebäude
bezeichneten Blair als Kriegsverbrecher und Lügner. Einige von ihnen hatten
sich die Hände blutrot gefärbt und Tony-Blair-Masken über das Gesicht
gezogen.
In dem Ausschuss sollte es auch um die Frage gehen, ob Blair absichtlich die Gefahr durch angebliche irakische Massenvernichtungswaffen übertrieb, und ob er seinen Rechtsberater unter Druck setzte, damit dieser den Einmarsch trotz fehlenden UN-Mandats für legal erklärte.
Einmarsch in den Irak
Großbritannien war der wichtigste
Verbündete der USA beim Einmarsch in den Irak im März 2003. Als Grund
nannten die beiden Regierungen damals, dass der Irak
Massenvernichtungswaffen habe. Das stellte sich nach der Invasion aber als
falsch heraus. Anfangs waren im Irak 46.000 britische Soldaten stationiert -
das größte ausländische Truppenkontingent nach den US-Streitkräften. 179
britische Soldaten starben beim Irak-Einsatz. Der Einsatz der Briten endete
offiziell im Juli vergangenen Jahres. Ende November begannen in London die
öffentlichen Anhörungen zur britischen Beteiligung am Irak-Krieg.