Die Polizei und Regierungsgegner gerieten aneinander.
Ein halbes Jahr nach der umstrittenen iranischen Präsidentenwahl sind in Teheran neue Straßenschlachten zwischen Opposition und Sicherheitskräften ausgebrochen. Augenzeugen, Internet-Seiten der Opposition und staatliche Medien berichteten am Montag übereinstimmend von Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten in der Hauptstadt. Einigen Meldungen zufolge setzten die Beamten Tränengas ein und nahmen zahlreiche Menschen fest. Eine unabhängige Bestätigung war nicht möglich, da ausländische Journalisten ihre Büros nicht verlassen durften. Das Mobilfunknetz der Stadt war abgeschaltet, die Internet-Verbindungen waren eingeschränkt. Augenzeugen zufolge kam es auch in anderen Städten zu Protesten.
Handy-Frequenzen gestört
"Die Polizei setzt Schlagstöcke
ein, um die Demonstranten zu zerstreuen", sagte ein Augenzeuge gegenüber der
Nachrichtenagentur Reuters. "Die Leute skandieren Parolen gegen die
Regierung." Die Zusammenstöße ereigneten sich demnach auf dem
Ferdowsi-Platz. Auf dem Vali-ye-Asr-Platz werde Tränengas eingesetzt, sagte
ein anderer Zeuge. Die staatliche Nachrichtenagentur IRNA meldete
Straßenschlachten zwischen "Krawallmachern" und der Polizei in der Umgebung
der Teheraner Universität. Die reformorientierte Website Amirkabir
berichtete, die Sicherheitskräfte hinderten dort die Studenten daran, zu
ihren Kommilitonen an anderen Hochschulen zu gelangen.
Wie Augenzeugen berichteten, gab es auch Zusammenstöße zwischen Anhängern und Gegnern von Präsident Mahmoud Ahmadinejad. Die Gegner riefen nach den Angaben: "Tod dem Diktator." Die Polizei nahm Oppositionelle fest, wie es weiter hieß. Nahe der Universität hätten die Sicherheitskräfte Busse und Lastwagen geparkt, um Festgenommene abzutransportieren. Rund um die Universität sei es unmöglich gewesen, Mobiltelefone zu nutzen. Die Frequenzen seien gestört worden.
Aufruf via Internet
Die Hochschule war von Hunderten
Sicherheitskräften umstellt. Die iranische Führung forderte die dort
versammelten Studenten auf, den offiziellen Kundgebungstag nicht für
Anti-Regierungs-Proteste zu "missbrauchen". Die Demonstrationen
fanden zum sogenannten Studententag statt, an dem im Iran des Todes dreier
Studenten im Jahr 1953 unter der Herrschaft des Schahs gedacht wird. Die
Regierung und die konservativen Revolutionsgarden hatten die Opposition und
die zum großen Teil mit ihnen verbündeten Studenten davor gewarnt, den
Feiertag für Proteste zu nutzen. Allerdings hatte Oppositionsführer
Mir-Hossein Moussavi seine Anhänger am Sonntag dazu aufgerufen, auf die
Straße zu gehen.
Eine Studentengruppe wiederholte am Montag im Internet ihren Aufruf zu demonstrieren und appellierte auch an die Bevölkerung, sich den Studenten anzuschließen. Moussavi kritisierte auf seiner Website die Regierung: "Wenn Ihr in den Universitäten Schweigen vorschreibt - was könnt Ihr dann für die Gesellschaft tun?"
Keine Gnade
Die Behörden hatten am Wochenende ein hartes Vorgehen
gegen die Demonstranten angekündigt. "Illegale" Versammlungen rund um die
Universitäten wurden untersagt. Die konservative Parlamentsfraktion rief die
Oppositionsführer am Montag auf, ihren "politischen Starrsinn" aufzugeben.
Nach der Präsidentenwahl am 12. Juni war Amtsinhaber Ahmadinejad trotz Vorwürfen der Wahlfälschung zum Sieger erklärt worden. Der Streit um den Wahlausgang hatte Gräben in der Führung des Landes aufgedeckt. Die anschließenden Straßenschlachten markierten die schlimmste Gewalt in dem islamischen Staat seit der Revolution vor 30 Jahren. Angaben über die Zahl der Toten schwanken zwischen mehr als 70 und etwa halb so vielen. Tausende Menschen wurden festgenommen, fünf von ihnen zum Tode verurteilt.