Deutschland

Merkel will Regierung bis 9. November

28.09.2009

Am 9.11.1989 fiel die Berliner Mauer. Merkel will zum 20. Jahrestag die neue Regierung. In der SPD führt das Wahldesaster zu ersten politischen Konsequenzen: Parteichef Müntefering deutet erstmals seinen Rücktritt an.

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Union und FDP wollen rasch mit der Regierungsbildung beginnen. Kanzlerin Angela Merkel unterstrich am Tag nach den Bundestagswahlen in Berlin: "Die Aufgaben für die Zukunft liegen nun auf der Hand." Auch Der Vorsitzende der deutschen Freidemokraten, Guido Westerwelle, hat sich für "zügige, aber auch gründliche" Verhandlungen zur Bildung der neuen schwarz-gelben Bundesregierung ausgesprochen. Pünktlich zum 20. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer am 9. November soll dann die neue Regierung stehen.

 
(c) Neues Duo: Angela Merkel und Guido Westerwelle. Wird er neuer Außenminister Deutschlands?

Westerwelle ins Außenamt
Merkel hat am Montag Abend indirekt bestätigt, dass FDP-Chef Guido Westerwelle neuer Außenminister wird. Wenn die neue Bundesregierung gebildet sei, werde "nach menschlichem Ermessen" ein Politiker der FDP die Nachfolge von Außenminister Frank-Walter Steinmeier antreten, sagte die Kanzlerin am Montagabend im ZDF. Abschließend könne sie dies aber noch nicht sagen, betonte die CDU-Chefin. Auch die Frage

SPD in tiefer Krise
Der Katzenjammer bei der SPD nach der historischen Wahlpleite ist nach wie vor groß: Auf einer Pressekonferenz hat Partei-Chef Müntefering seinen Rückzug angedeutet. Das Amt des Parteichefs, das er von Februar 2004 bis Oktober 2005 und dann wieder von August 2008 bis jetzt ausübte, nannte er einmal "das schönste Amt neben dem Papst". Jetzt will er es abgeben.

FDP will Programm umsetzen
Wahlsieger Westerwelle sagte nach den Beratungen seiner Partei, die Freidemokraten würden versuchen, so viel wie möglich von ihrem Programm umzusetzen. "Wir werden sehr verantwortungsvoll mit dem Ergebnis der Wahl umgehen", betonte er. Er wolle "zügige, aber auch gründliche" Koalitionsverhandlungen. In zahlreichen Punkten gibt es Differenzen zwischen den Wahlprogrammen von CDU/CSU und FDP.

 
Seit langem ein Paar - und selten in der Öffentlichkeit: Guido Westerwelle und sein Lebenspartner Michael Mronz gönnen sich ein Bier nach dem Wahlerfolg (c) Reuters

Union und FDP kündigten an, ihr Wahlversprechen einzulösen und die Steuern zu senken. Streit könnte sich aber vor allem am Zeitplan entzünden. Merkel bekräftigte am Montag, dass weitere Steuersenkungen in der kommenden Legislaturperiode bis 2013 geplant seien. Einen konkreten Zeitpunkt ließ sie jedoch offen. CSU-Chef Horst Seehofer dagegen pocht auf Steuersenkungen 2011 und 2012. Führende CDU-Politiker mahnten allerdings zur Zurückhaltung.

 
(c) APA

Thema Steuern
Die FDP knüpft eine Koalition mit der Union an Bedingungen beim Thema Steuern. "Faire Steuern sind die Voraussetzung für gesunde Staatsfinanzen", betonte Westerwelle. Diese Position aus ihrem Wahlprogramm würden die Liberalen in die Koalitionsgespräche einbringen. "Wir haben vorher gesagt, dass wir nur in eine Koalition eintreten, wenn wir auch eine echte Steuerstrukturreform durchsetzen können", sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel in N24. Er sei überzeugt, dass zusammen mit der Union innerhalb kürzester Zeit mit einer Entlastung für die Familien begonnen werden könne.

SPD positioniert sich neu
Die SPD-Spitze will erst in der kommenden Woche über die Zukunft von Parteichef Franz Müntefering entscheiden. Trotz des Absturzes in der Wählergunst steht ein Rücktritt Münteferings offenbar nicht unmittelbar bevor. Im Parteivorstand sei die Beratung über personelle und inhaltliche Konsequenzen aus dem Debakel bei der Bundestagswahl verschoben worden, sagte ein Teilnehmer der Vorstandssitzung in Berlin. Das Präsidium werde kommenden Montag erneut tagen. Die Sitzung des Parteivorstandes dauerte am Nachmittag noch an.

Kritik an Münterfering wird laut
Vor dem SPD-Präsidium hatte der designierte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier vor "Schnellschüssen" gewarnt. In der anschließenden Sitzung des Parteivorstands wurde heftige Kritik am Wahlkampf-Konzept Münteferings geübt. Dieser lehnte aber seinen sofortigen Rücktritt ab. A

 
Ratlosigkeit bei den Genossen Struck und Müntefering, (c) Getty

Am Abend wollten die SPD-Bezirks- und Landesvorsitzenden über das weitere Vorgehen beraten. SPD-Spitzenpolitiker äußerten intern Zweifel, ob sich Müntefering noch lange halten kann. Ihm wird nicht mehr zugetraut, die Erneuerung der Partei voranzubringen. Vor den Gremiensitzungen hatten führende SPD-Politiker wie Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck gefordert, dass Steinmeier künftig bei der SPD den Ton angeben müsse.

Linke kündigt harte Opposition an
Die Linke, die am Sonntagabend bei der Bundestagswahl mit 11,9 Prozent das beste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren hat, will Union und FDP über den Bundesrat das Regieren schwermachen.

 
Oskar Lafontaine und Gregor Gysi, Die Linke, (c) AP

"Wir schlagen vor, dass die Parteien SPD, Grüne und die Linke den Bundesrat im Auge haben und über den Bundesrat Widerstand gegen den Sozialabbau organisieren", sagte Linke-Chef Oskar Lafontaine am Montag dem Fernsehsender N24. Die FDP werde ihr Heil darin suchen, soziale Kürzungen vorzuschlagen, um die aus dem Ruder laufenden Staatsfinanzen in den Griff zu bekommen. Und das werde dann die Auseinandersetzung der nächsten Monate bestimmen.

Grüne mit bestem Ergebnis bislang
Die Grünen wollen als kleinste Oppositionspartei im neuen Bundestag die Regierung zum Handeln treiben. Sie haben bei der Bundestagswahl von 8,1 auf 10,7 Prozent auf ihr bisher bestes Ergebnis im Bund zugelegt.

 
Claudia Roth und Cem Özdemir, Bündnis 90/Die Grünen, (c) AP

Parteichefin Claudia Roth erklärte, die Grünen wollten im Bundestag eine starke, konstruktive Rolle spielen. "Denn wir sind ja jetzt mit der SPD in einer Opposition." Deren Parteichef Franz Müntefering habe mit 'Opposition ist Mist' "vielleicht einen der blödesten Sprüche geprägt", sagte die Grünen-Vorsitzende.

Mehrheit auch im Bundesrat
Schwarz-Gelb hat künftig nicht nur im Bundestag, sondern auch im Bundesrat eine Mehrheit in Reichweite. Denn seit dem vorläufigen amtlichen Endergebnis der Landtagswahl in Schleswig-Holstein am Montagmorgen steht fest, dass auch in Kiel die Regierung wechselt und eine Koalition von CDU und FDP möglich ist. In diesem Fall hätten Union und Liberale auch in der Länderkammer eine Mehrheit. Das würde Kanzlerin Angela Merkel in ihrer Wunschkoalition mit der FDP die Gesetzgebung erleichtern.

Verteilung der Direktmandate:

 

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