US-Präsident Bush hat für Verblüffung gesorgt: In seiner Rede zur Lage der Nation kündigte er an, den Benzinverbrauch zu drosseln.
Die US-Demokraten demonstrierten besten politischen Stil. Trotz ihres Zorns auf die Irakpolitik von US-Präsident George W. Bush empfingen sie ihn im Kongress gemeinsam mit den Republikanern mit warmem Applaus, spendeten zu vielen seiner Pläne für das Gesundheitswesen, die Bildungs- oder Einwanderungspolitik heftigen Beifall. Wie es in der amerikanischen Demokratie gute Tradition ist, wurde die jährliche Präsidenten-Rede zur Lage der Nation auch zu einer Demonstration amerikanischer Einheit. Hauptthema seiner Rede war erwartungsgemäß die Irak-Politik. Aber auch andere Themen, wie die Umweltpolitik, sprach Bush an.
Einsamer Präsident
Erst als Bush auf das Thema Irak zu
sprechen kam, wurde die Zerrissenheit und Ratlosigkeit der US-Politik
spürbar - und die wachsende Einsamkeit des Präsidenten. Denn trotz allen
Traditionsbewusstseins und Nationalstolzes lauschten die Demokraten und
viele Republikaner mit versteinerten Gesichtern den unbeirrten Worten des
Präsidenten und seiner Forderung nach "Einheit im Krieg gegen den
Terrorismus". Bush streckte mit respektvollen Worten über politisch
Andersdenkende mehrfach die Hand zu den Demokraten aus. Schließlich weiß er,
dass er nach der Wahlschlappe der Republikaner im November nun mit
demokratischen Mehrheiten in den beiden Häusern des Kongresses fertig werden
muss.
Politische Gegner zeigen sich freundschaftlich
Symbolträchtig
saß bei der Präsidentenrede mit der neuen Sprecherin des
Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, erstmals eine Demokratin auf dem
Präsidiumsplatz des Parlaments. Auch die energische Gegnerin der Irakkriegs,
die deutlich gemacht hat, dass der Kongress künftig nicht mehr so fraglos
den außenpolitischen Vorgaben des Weißen Hauses folgen werde, war zum Redner
des Abends von ausgesuchter Freundlichkeit. In der Sache allerdings zeigten
sich die Demokraten enttäuscht. "Keine Kursänderung im Irak,
nichts Neues und nichts, was mich oder das amerikanische Volk überzeugen kann",
sagte nüchtern der neue Star der Demokraten, Senator Barack Obama, in
Fernsehinterviews.
Globale Erwärmung
Wenn es etwas Neues in Bushs Rede gab,
dann betraf das die ausdrückliche Erwähnung der "ernsthaften
Herausforderung" durch die globale Erwärmung. Der Präsident kündigte
Maßnahmen zum umweltbewussten Umgang mit Energie an, um damit auch die
Anhängigkeit von Ölimporten zu verringern. "Diese
Abhängigkeit macht uns verwundbarer gegenüber feindlichen Regimen und
Terroristen." Es sei vitales Interesse der USA, die Energieversorgung
mit Hilfe der Technologie auf eine breitere Basis zu stellen. Dies helfe,
der "ernsthaften Herausforderung" durch den Klimawandel zu
begegnen. Bis 2017 soll der Benzinverbrauch in den USA um 20 Prozent gesenkt
werden.
Höflicher Kongress
Bush tat zwei Jahre vor Ende seiner
Amtszeit viel, um trotz der neuen Mehrheitsverhältnisse politisch etwas zu
bewegen und nicht zur "lahmen Ente" zu werden. Bush suchte - mit
innenpolitischen Themen - die Flucht nach vorn und rang um Vertrauen. Der
Kongress blieb höflich, aber er wird kaum noch nach seiner Pfeife tanzen. "Fast
vier Jahre lang hat dieses Land geduldig das Missmanagement dieses Krieges
ertragen", formulierte Senator Jim Webb zornig. Jetzt müsse damit
Schluss sein.
Bush machte allerdings klar, dass es mit ihm freiwillig keinen Kurswechsel geben werde. Im Kongress saßen einige Politiker beider Lager - wie die Senatoren Hillary Clinton und Senator John McCain - die fürchten müssen, selbst bei einem Wahlsieg als Präsident eine noch immer desaströse Lage im Irak als politisches Erbe übernehmen zu müssen.