Der scheidende US-Präsident Bush besucht Europa. In Slowenien erhielt er eine Ohrfeige: Die EU verweigert ihre Hilfe beim US-Raketenschild.
US-Präsident George W. Bush hat sich auf seinem letzten EU-USA-Gipfel am Dienstag im slowenischen Brdo die Rückendeckung der Europäischen Union für weitere Sanktionen gegen Teheran im Konflikt um das iranische Atomprogramm geholt. Beim in Tschechien und Polen geplanten US-Raketenschild holte sich Bush jedoch eine Abfuhr. Was den Klimaschutz betrifft, erzielten die beiden Blöcke keine substanzielle Annäherung, Bush glaubt jedoch an das Zustandekommen eines internationalen Abkommens noch vor Ende seiner Amtszeit in knapp mehr als sieben Monaten.
Iran ist Gefahr für die Welt
Ein Iran mit Atomwaffen wäre
äußerst gefährlich für die Welt, warnte der US-Präsident und riet zu raschem
Handeln. Er bekannte sich zu einem multilateralen Vorgehen im Atomstreit.
Mehrere Staaten gemeinsam könnten eine klare Botschaft an den Iran senden -
dazu gehörten, "wenn nötig", auch weitere Sanktionen. Diese sind in der
europäisch-amerikanischen Gipfelerklärung auch in Aussicht genommen.
EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner sagte der Nachrichtenagentur
Reuters zudem, die EU erwäge, das Vermögen iranischer Banken einzufrieren,
um Teheran zu zeigen, "dass wir es sehr ernst meinen".
Mit Raketenschild abgeblitzt
Mit seinem Wunsch nach einer
formellen Unterstützung des US-Raketenschilds in Mitteleuropa blitzte
Washington bei der EU jedoch ab, wie aus Kreisen des slowenischen
EU-Ratsvorsitzes durchsickerte. In der Gipfelerklärung, die am Dienstag von
dem US-Präsident George W. Bush, EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso und
dem slowenischen Premier Janez Jansa verabschiedet wurde, kommt der
Raketenabwehrschild nicht vor. Aus Sicht der Union sei dieses Thema im
Rahmen der NATO zu regeln, hieß es gegenüber.
EU und USA begrüßen die "transatlantischen Anstrengungen zur Raketenabwehr, die dazu dienen sollen, den Sicherheitsfragen (...) besser gerecht zu werden, und Möglichkeiten bieten, die Zusammenarbeit mit Russland zu vertiefen", hatte laut "Financial Times Deutschland" in einem US-Entwurf für die Gipfelerklärung gestanden. Bezüglich der US-Pläne zum Raketenschild in Mitteleuropa gibt es bilaterale Verhandlungen mit Tschechien, wo eine Radaranlage errichtet werden soll, und mit Polen, das die Abfangraketen beherbergen wird. Die EU wird bei dem Projekt umgangen.
Bush glaubt an Klimaabkommen in seiner Amtszeit
"Ich glaube, dass
wir eine globale Einigung beim Klimawandel noch während meiner
Präsidentschaft erreichen können", sagte Bush auf einer gemeinsamen
Pressekonferenz mit Jansa und Barroso. China und Indien müssten allerdings
daran teilnehmen, betonte er. Die Vereinigten Staaten seien "mehr als
willig", eine neue Klimaschutzvereinbarung mit fixen Zielen zu diskutieren,
sagte Bush. Wenn aber China und Indien bei einer Nachfolgeregelung für das
Kyoto-Protokoll nicht mitmachten, "sehe ich nicht, wie ein internationales
Abkommen wirksam sein kann", strich er hervor. Jansa meinte: "Ein
internationales Klimaschutzabkommen ohne die Entwicklungsländer wäre eine
kurzfristige Lösung."
In der Erklärung des EU-USA-Gipfels heißt es lapidar: "Die EU und die USA werden die Suche nach einer weltweiten Vereinbarung, um dem Klimawandel beizukommen, fortsetzen." Im Ringen um ein neues internationales Klimaabkommen unter UNO-Schirm wollen die Europäer die USA, die das Kyoto-Protokoll nicht ratifizierten, ins Boot holen. Die Vereinigten Staaten als größter CO2-Verursacher bestehen jedoch darauf, dass aufstrebende Wirtschaftsmächte wie China und Indien nachziehen, um wirtschaftlich nicht ins Hintertreffen zu geraten. Die EU ist nach China mengenmäßig der drittgrößte CO2-Sünder.
Jansa kündigte an, dass "bald" weitere Staaten in das amerikanische Visa-Waiver-Programm (VWP) aufgenommen werden sollen. Die USA wenden unterschiedliche Visabestimmungen auf die EU-Staaten an. Von der Visapflicht befreit sind nur die "alten" EU-Mitglieder (mit Ausnahme Griechenlands) sowie Slowenien als einziges der zwölf EU-Neumitglieder. Mit Bestrebungen, Visafreiheit für alle EU-Bürger zu erreichen, war die Union bisher nicht erfolgreich gewesen.
Letzte Europa-Tour
Bush absolviert seine wohl letzte Europa-Tour,
ehe er aus dem Amt scheidet. Nach dem Gipfel flog er am Nachmittag zu
Gesprächen nach Deutschland weiter. Weitere Stationen sind Italien, der
Vatikan, Frankreich sowie Großbritannien. Proteste gegen Bush hielten sich
in Slowenien in Grenzen und gestalteten sich in Form von Kulturperformances,
wie in Ljubljana (Laibach). Erst nach Bush-Abreise wird am am Abend in Kranj
(Krainburg) der Protest gegen die Politik des US-Präsident mit einem
Rock-Konzert ausgedrückt. Eine Gruppe aus weniger als zehn Personen, die
sich so nah wie möglich bis zum abgeschotteten Tagungsort Brdo durchschlagen
wollte, wurde schon vor Ljubljana vor der Polizei gestoppt.