Im August
Bush hatte Geheimdienstinfos über Iran viel früher
06.12.2007
Das Weiße Haus korrigierte damit die ursprüngliche Aussage des Präsidenten. Die US-Geheimdienste belauschten iranische Militärs.
Die Erkenntnisse der US-Geheimdienste über eine angebliche Aussetzung des iranischen Atomwaffenprogramms im Herbst 2003 beruhen nach Informationen der "New York Times" zum Teil auf Aufzeichnungen über Treffen des iranischen Militärs. Demnach waren die Militärspitzen über die Entscheidung der Staatsführung aufgebracht, das Waffenprogramm und die Entwicklung von nuklearen Gefechtsköpfen zu beenden, berichtete die Zeitung am Donnerstag unter Berufung auf US-Militär- und Geheimdienstkreise. Präsident George W. Bush hat nach offizieller Darstellung im Spätsommer von den Geheimdiensterkenntnissen erfahren. Das Weiße Haus stellte inzwischen frühere anderslautende Aussagen des Präsidenten richtig.
Geheimdienste bedienten sich auch anderer Informationen
Warum das
iranische Atomwaffenprogramm gestoppt wurde, sei aus den genannten
Aufzeichnungen nicht hervorgegangen, heißt es in dem Bericht der "New York
Times". Demnach bedienten sich die US-Geheimdienste noch anderer
Informationen, um die im Iran gewonnenen Erkenntnisse zu erhärten. Auf diese
Weise habe vermieden werden sollen, eventuell einer gezielten
Falschinformation aufzusitzen. In ihrer am Montag veröffentlichten
Einschätzung hatten die Geheimdienste übereinstimmend festgestellt, dass der
Iran sein Programm zum Bau von Atomwaffen vor vier Jahren abgebrochen habe.
Wegen des starken internationalen Drucks sei die Regierung in Teheran
inzwischen "weniger entschlossen", ein Nukleararsenal aufzubauen, hieß es in
dem Bericht.
Bush wusste seit August bescheid
Geheimdienstchef Mike McConnell
habe Bush im August davon in Kenntnis gesetzt, dass der Iran sein
Atomwaffenprogramm ausgesetzt habe, sagte Präsidentensprecherin Dana Perino
in Washington. Noch am Dienstag hatte der Präsident erklärt, McConnell habe
ihn nicht im Detail über die neuen Geheimdienstinformationen unterrichtet.
Im Oktober hatte Bush vor einem atomar bewaffneten Iran gewarnt, von dem die
Gefahr eines dritten Weltkrieges ausgehen würde. Die Kritiker des
Präsidenten verglichen dies mit Bushs Argumentation vor dem Irak-Krieg,
wonach Bagdad unter Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen entwickeln
würde. Solche wurden nach der US-Invasion 2003 nie gefunden.
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McConnell sagte nach Angaben der Sprecherin, wenn sich die neuen Geheimdiensterkenntnisse als zutreffend herausstellen sollten, wäre das die Bestätigung, dass der Iran insgeheim an Atomwaffen gearbeitet habe. Der Geheimdienstchef habe Bush auch gesagt, dass die jüngsten Informationen noch einer Bestätigung bedürften, so die Sprecherin.
Cheney sieht durch Bericht US-Diplomatie behindert
Vizepräsident
Dick Cheney, der als vehementester Vorkämpfer der Hardliner gegenüber dem
Iran betrachtet wird, sieht die Diplomatie Washingtons durch den Bericht
behindert. Auf die Frage des Online-Magazins "Politico", ob der Bericht die
amerikanischen Anstrengungen zur Eindämmung der nuklearen Aktivitäten
Teherans erschwere, antwortete Cheney wörtlich: "Mag sein, aber es war von
Anfang an nicht leicht". Er bleibe weiterhin "beunruhigt", betonte der
Vizepräsident, der nach eigenen Worten das "allgemeine Gefühl" teilt, "dass
es wichtig war, den Bericht zu veröffentlichen. In jedem Fall wäre er nicht
lange geheimgeblieben."
Sarkozy meldet sich zu Wort
In Paris gab der Elysée-Palast am
Donnerstag bekannt, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy habe in einem
Telefonat mit seinem US-Amtskollegen erklärt, wenn sich der Bericht
bestätige, wären "die internationalen Befürchtungen seit 2002 über den Zweck
des Atomprogramms im Iran noch verstärkt". Die internationale Gemeinschaft
müsse von Teheran weiter eine vollständige Zusammenarbeit mit der
Internationalen Atomenergiebehörde und die Aussetzung der Urananreicherung
fordern.
Israel zweifelt an Berichten
Israel hat den
US-Geheimdienstbericht angezweifelt und eine Verschärfung der
internationalen Sanktionen gegen Teheran gefordert. Außenministerin Tzipi
Livni erklärte am Mittwoch, es müsse mit aller Macht verhindert werden, dass
der Iran in den Besitz der Technologie für Atomwaffen gelange. Nach früheren
britischen Medienberichten soll Washington Operationspläne für einen
mehrwöchigen Luftkrieg gegen den Iran ausgearbeitet haben. Diese sollen den
Einsatz von mit Atomsprengköpfen bestückten Raketen zur Zerstörung
unterirdischer Anlagen vorsehen. Zu den Angriffszielen gehöre neben
vermuteten Nuklearanlagen - insbesondere in Natanz, Isfahan und Arak - die
gesamte militärische Infrastruktur des Landes. Als mögliches Kriegsszenario
galt ein Präventivangriff der israelischen Luftwaffe mit dem Argument der
Selbstverteidigung gegen die atomare Bedrohung durch den Iran. Die USA
würden dann zur Verteidigung Israels in den Krieg eingreifen. 1981 hatte
Israel mit einem Lufteinsatz den mit französischer Hilfe errichteten
irakischen Atomreaktor "Osirak" zerstört.