Die Mehrheit der Amerikaner hat diese Meinung über den scheidenden Präsidenten, Bush wird vor allem als Kriegspräsident in Erinnerung bleiben.
George W. Bush zeigt Gefühle. "Jeder möchte geliebt werden", gestand der scheidende US-Präsident jüngst. Er weiß, dass eine Mehrheit der Amerikaner ihn als einen der "schlechtesten Präsidenten der US-Geschichte" ansieht. Bush selbst erklärt auch den historischen Wahlsieg Barack Obamas mit der tiefen Enttäuschung in den USA über seine achtjährige Präsidentschaft. Nun spricht der Republikaner häufig über seinen Glauben, sein Ringen um "die Nähe zum Allmächtigen", über die "bedingungslose Liebe meines Vaters", über Werte, denen er "treugeblieben" sei. Er habe seine "Seele nicht verkauft für die Politik".
Gescheiteter Präsident
Der 62-jährige Texaner hofft, dass
einst die Geschichtsbücher sein ruiniertes Ansehen korrigieren werden. Denn
auch die meisten US-Historiker, so eine Umfrage unter 109 führenden
Geschichtswissenschaftlern, fällen heute ein vernichtendes Urteil: "Es wäre
schwierig, einen Präsidenten auszumachen, der, konfrontiert mit Krisen in
der Welt und zu Hause, so deutlich gescheitert ist wie Bush", heißt es im
Resümee der 109. Selbst der neokonservative "Weekly Standard" schrieb: Eine
"gescheiterte Präsidentschaft".
Verstörende, empörende Bilder bleiben von der Bush-Zeit: Die Aufnahmen der erniedrigten, gepeinigten Iraker in Abu Ghraib. Die stumm kauernden Gefangenen in Guantanamo in grell-oranger Kluft. Massen verzweifelter, zorniger, schreiender Menschen, meistens Schwarze, die sich nach dem Hurrikan Katrina im "Superdome" von New Orleans drängen.
Ansehen des Landes geschädigt
Die Amerikaner verübeln ihrem
Präsidenten vor allem, dass er das Ansehen des Landes weltweit schwer
beschädigt hat. Präventiv-Kriege, Menschenrechtsverletzungen und
Folter, Arroganz, Ignoranz und Selbstüberschätzung sind die Begriffe, mit
denen sich für viele das Amerika der Bush-Zeit verbindet. Der Republikaner,
wie seine Landsleute geschockt von den verheerenden Terroranschlägen des 11.
September 2001 und geleitet von neokonservativen Analysen, hatte mit harter
Hand die Weichen der US-Politik ins 21. Jahrhundert gestellt.
Bush erklärte dem internationalen Terrorismus und dem "Islamo-Faschismus", der "Achse des Bösen" (Irak, Iran und Nordkorea) und allen Feinden der westlichen Werte den Krieg. Er entwarf kühn die Vision eines demokratisierten Nahen Ostens. Freiheit und Demokratie sollten Garanten für den Frieden werden. Wenn Bush am 20. Jänner das Weiße Haus verlässt, kann er mit den Ergebnissen kaum zufrieden sein, vor allem im Iran machen die Nuklearpläne rasante Fortschritte - und die Hass-Tiraden der Mullahs gegen den "kleinen Satan" Israel und den "großen Satan" USA sind kaum gemäßigter geworden. Vor allem aber ist das Terrornetz Al-Kaida laut den US-Geheimdiensten so stark wie 2001.
Kriegspräsident Bush
Mehr als alles andere aber verbindet
sich der Irakkrieg mit der Bush-Ära. In den USA wächst zwar der Optimismus
auf eine stabile, friedliche Zukunft des Landes. Aber welch ein bitterer Weg
liegt dahinter: Trotz aller Warnungen vor allem der Europäer erzwang Bush
2003 den Regimewechsel in Bagdad. Dann aber stellte sich heraus, dass Saddam
Hussein gar keine Massenvernichtungswaffen gehabt hatte - die zentrale
Begründung des Waffengangs entpuppte sich als haltlos. Nichts "bedaure er
mehr" als die falschen Geheimdienstinformationen über den Irak, sagt Bush
heute.
Endloses Chaos im Irak
Zwar konnten die US-Truppen mit der
High-Tech-Strategie von Ex-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld binnen
Wochen das irakische Regime hinwegfegen. Dann aber begann statt der
versprochenen Blüte der Demokratie eine schier endlose Zeit von Chaos,
Terror und Blutvergießen. Die Bilanz des Irakabenteuers: wohl an die 100.000
irakische Opfer, über 4.200 tote US-Soldaten, Hunderte Milliarden Dollar an
US-Steuergeldern. Der Irakkrieg war auch wesentlich verantwortlich für die
massive US-Staatsverschuldung unter Bush.
Auf Krieg nicht vorbereitet
Bush war ein "Kriegspräsident", er
selbst hat das immer wieder betont. Er sei bei sei seinem Amtsantritt nicht
darauf vorbereitet gewesen, Kriege führen zu müssen, gestand Bush jüngst
ein. Heute sieht er es als einen Erfolg seiner Politik an, dass es seit
"9/11" keinen Terrorangriff mehr auf amerikanischen Boden gab. Zu Bushs
magerer Erfolgsbilanz gehört sicher auch der allseits anerkannte, massive
und einmalige US-Beitrag im Kampf gegen Aids in Afrika.
Wirtschafspolitik lange erfolgreich
Bis 2008 glaubte Bush
zumindest eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik betrieben zu haben. Die hohen
US-Wachstumsraten und die niedrige Arbeitslosigkeit seien seiner Politik
niedriger Steuern sowie die Scheu vor Regulierungen zu verdanken gewesen,
der Immobilienblase wie ein Kartenhaus zusammen.
Der konservative, marktliberale Bush musste mit gigantischen Summen (700 Milliarden Dollar) aus dem Staatsetat die Finanzbranche - und damit wohl auch die US-Wirtschaft - vor dem Kollaps retten. Der Staat mischt nun überall massiv mit, bei Banken, Versicherungen, der Autobranche. Und das in der Hochburg des Kapitalismus, die unter Bush, der stets die Selbstheilungskräfte des Marktes gepriesen hatte.
Mangel an "intellektueller Neugier"
Der oft unbeholfen
wirkende Bush war nie ein Liebling der Intellektuellen. Rhetorische Brillanz
gehörte nicht zu den Begabungen des wiedergeborenen Christen, der vor 22
Jahren dem Alkohol abgeschworen hatte. Popstars wie Robbie Williams
beschimpften Bush öffentlich als "Idioten", Michael Moore stellte ihn als
ausgemachten Volltrottel hin. Und für Linke wie Noam Chomsky war Bush
ohnehin nur Erfüllungsgehilfe des vom Kapital gelenkten US-Imperialismus.
Aber auch ihm wohlgesonnene Biografen und Autoren beklagen oft einen Mangel an "intellektueller Neugier" - auch wenn er immer wieder Wissenschaftler oder Literaten zu Gesprächen ins Weiße Haus einlud. Frühere Mitarbeiter beschreiben Bush als führungsstark und souverän. Der britische Ex-Premier Tony Blair pries seine Intelligenz. Ex-Außenminister Henry Kissinger meint, dass es das historische Verdienst Bushs sei, die Gefährlichkeit des radikalen Islam erkannt zu haben. Allerdings wird die große Mehrheit der Amerikaner erleichtert aufatmen, wenn Bush am 20. Jänner Platz macht für Obama.