Machtspiele
Bush legt sich mit Iran und China an
17.10.2007
Der US-Präsident spricht im Zuge des Iran-Konflikts von einer "sehr ernsthaften Bedrohung" für den Weltfrieden. Mit China hat er sich am selben Tag auch noch angelegt. Der Iran spricht von einem "psychologischen Propaganda-Krieg" der USA.
Es war ein Tag, an dem US-Präsident George W. Bush die ganze Spannbreite des mächtigsten Amts der Welt ausmaß. Als der Präsident am Mittwoch im US-Kongress demonstrativ dem als Friedensikone verehrten Dalai Lama die Ehre erwies, hallten noch die kriegerischen Worte nach, die er keine zwei Stunden zuvor in Richtung Iran geschleudert hatte.
Warnung vor "Drittem Weltkrieg"
US-Präsident George W.
Bush hat vor einer Zuspitzung des Atomstreits mit dem Iran bis hin zu einem "Dritten
Weltkrieg" gewarnt. Die politischen Führer der Welt müssten eine
atomare Aufrüstung des Iran verhindern, wenn sie "an der
Vermeidung eines Dritten Weltkriegs interessiert" sind, sagte Bush am
Mittwoch im Weißen Haus.
Iran: "Psychologischer Propaganda-Krieg"
Der Iran hat
die Warnung von US-Präsident George W. Bush vor einem Dritten Weltkrieg als "psychologischen
Propaganda- Krieg" bezeichnet. "Derartige Äußerungen spiegeln
schlicht die Verärgerung der USA angesichts des iranischen Erfolgs auf dem
internationalen Parkett wider", sagte der stellvertretende Leiter des
Nationalen Sicherheitsrates, Rahman Fasli, am Donnerstag.
Die iranische Regierung hat US-Präsident George W. Bush vorgeworfen, mit seiner Äußerung den Frieden zu gefährden. "Diese Art von Politik gefährdet Frieden und Sicherheit auf der internationalen Ebene und ist ein Hindernis für den Frieden", erklärte am Donnerstag der Sprecher des Außenministeriums in Teheran, Mohammad Ali Hosseini. Mit seiner "Kriegsrhetorik" wolle der US-Präsident die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit im eigenen Land nur vom Versagen im Irak und in Afghanistan ablenken.
Irans Drohung gegen Israel
Bush bezog sich in seiner Rede auf
die vom iranischen Präsident Mahmoud Ahmadinejad ausgesprochene Drohung mit
der Vernichtung Israels: "Wir haben im Iran einen Führer, der
erklärtermaßen die Zerstörung Israels will." Zugleich
bekräftigte Bush seine Hoffnung auf eine diplomatische Beilegung der Krise.
Atombombe "gefährliche Bedrohung"
Bush warnte: "Wenn
der Iran die Atombombe hätte, dann wäre dies eine gefährliche Bedrohung für
den Weltfrieden." Den Begriff vom "Dritten Weltkrieg" ließ
Bush im Zusammenhang mit seinen Äußerungen zu den diplomatischen Beratungen
mit den Partnerländern fallen: "Ich habe den Leuten gesagt, wenn
Ihr an der Vermeidung eines Dritten Weltkriegs interessiert seid, dann
solltet Ihr wohl daran interessiert sein, wie man sie (die Iraner) davon
abhalten kann, die nötigen Kenntnisse zum Bau einer Nuklearwaffe zu haben."
Angriff auf China
Erst die Kriegswarnung, dann die Ehrbezeugung
für den Pazifisten aus Tibet, mit der Bush den Zorn der Führung in China
provozierte: Bush macht der Welt klar, dass trotz des absehbaren Endes
seiner Amtszeit außenpolitisch mit ihm zu rechnen ist.
Bushs Auftritt mit dem Dalai Lama war ein kalkulierter Affront gegen die kommunistische Führung in Peking. Nie zuvor hatte sich ein amtierender US-Präsident öffentlich mit dem religiösen Führer gezeigt, den China als Chef einer tibetischen Sezessionsbewegung dämonisiert. Arm in Arm verließen die beiden Männer die mächtige Rotunda unter der Kuppel des Washingtoner Kapitols, wo dem Dalai Lama zuvor die höchste Ehrung des US-Parlaments, die Kongressmedaille in Gold, verliehen worden war. Es war Bushs viertes Treffen mit dem Tibeter - und das Ende eines langen Versteckspiels: Bei den ersten drei Treffen war die Öffentlichkeit ausgeschlossen.
China bestellt US-Botschafter ein
Nach dem Treffen zwischen Bush
und dem Dalai Lama hat die Regierung in Peking den US-Botschafter
einbestellt. Botschafter Clark Randt sei aufgefordert worden, sich im
Außenministerium einzufinden, um den "Protest" der Regierung
entgegen zu nehmen, sagte der Sprecher von Außenminister Yang Jiechi am
Donnerstag. Er forderte die USA erneut auf, die Einmischung in die inneren
Angelegenheiten Chinas zu beenden und die beiderseitigen Beziehungen zu
schützen.
China soll "Blockadehaltung beenden"
Vor dem
diplomatischen Zorn aus Peking ging Bush nicht in Deckung: "Wenn die
Religionsfreiheit unterdrückt wird, können die Amerikaner nicht einfach die
Augen schließen", sagte er bei der Zeremonie. Er forderte Peking
auf, seine Blockadehaltung zu beenden und den Dalai Lama zu empfangen. "Sie
werden feststellen, dass dieser Mann ein Mann des Friedens und der
Versöhnung ist."
China vs. USA im UN-Sicherheitsrat
Seine Warnung vor einem "Dritten
Weltkrieg" kurz vor der Zeremonie verband Bush mit einem Appell an die
internationale Gemeinschaft, den Druck auf den Iran zu erhöhen und dadurch
einen Stopp des umstrittenen Atomprogramms zu erzwingen. Gemeint war auch
China: Die Volksrepublik könnte mit ihrem Veto im UN-Sicherheitsrat jene
Verschärfung der Sanktionen gegen den Iran stoppen, auf die Washington
drängt. Entsprechend ließ China die USA bei ihrer ersten diplomatischen
Vergeltung für die Dalai-Lama-Ehrung seinen Einfluss spüren. Peking sagte
ein Diplomatentreffen ab, auf dem über weitere Strafmaßnahmen gegen den Iran
beraten werden sollte.
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"Es lohnt sich, den Druck auf die iranische Regierung aufrecht zu erhalten", sagte Bush zu den gemeinsamen diplomatischen Bemühungen. Innerhalb der sogenannten 5+1-Gruppe drängen vor allem die USA auf schärfere Sanktionen; Russland und China setzen eher auf Zeit. Ein für Mittwoch in Berlin geplantes Diplomatentreffen der Sechsergemeinschaft zur Iran-Frage wurde von Peking verschoben - offenbar aus Verärgerung über Bushs Treffen mit dem Dalai Lama.
Putin unterbreitet Vorschlag
Der russische Präsident Putin
unterbreitete Teheran indes einen Vorschlag zur Beilegung des Streits um das
Atomprogramm, wie die amtliche iranische Nachrichtenagentur IRNA am Mittwoch
meldete. Einzelheiten wurden jedoch nicht genannt. Es hieß lediglich, Putin
habe den Vorschlag am Dienstag während eines privaten Gespräch mit dem
geistlichen Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, übermittelt. Auch
von russischer Seite war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Gewährsleute mit Verbindungen zur iranischen Regierung sagte, der Vorschlag
sehe möglicherweise eine Auszeit für die internationalen Sanktionen vor,
sollte Teheran sein umstrittenes Uran-Anreicherungsprogramm aussetzen.
"Besondere Botschaft"
Der iranische Atomunterhändler
Ali Larijani bestätigte, Putin habe Khamenei eine "besondere
Botschaft" überbracht. Darin gehe es auch um den Atomkonflikt. Larijani
wollte am Mittwoch in Rom mit EU-Chefdiplomat Javier Solana zu neuen
Gesprächen im Atomstreit zusammen kommen. Aus Teheran verlautete, dass
Treffen könnte möglicherweise auch in Wien stattfinden.
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Putin drohte mit einer Verlegung russischer Waffensysteme, sollten die
USA seine Bedenken gegen den in Osteuropa geplanten Raketenschild nicht
berücksichtigen. "Ich kann versichern, dass solche Schritte
derzeit vorbereitet werden", sagte er. Wo welche Raketen stationiert
würden, sei eine Entscheidung des Generalstabs der Armee.