"Es kann nicht sein, dass ihr durchwinkt und wir sie alle aufnehmen."
Berlin/Wien. Der deutsche Oppositionsführer, CDU-Chef Friedrich Merz, hält trotz der unklaren politischen Entwicklung in Syrien nach dem Sturz von Machthaber Bashar al-Assad an der Forderung nach Abschiebungen syrischer Straftäter fest. "Das Land ist nach wie vor sehr instabil, das wissen wir", sagte der CDU/CSU-Kanzlerkandidat der Deutschen Presse-Agentur. In der Union sei man schon länger der Auffassung, dass man nach Afghanistan und Syrien grundsätzlich abschieben kann und sollte.
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Zugleich müsse genau darauf geachtet werden, wer derzeit noch aus Syrien nach Deutschland und Europa komme, verlangte Merz. "Ich möchte jedenfalls die Mitglieder der Assad-Milizen, die in Syrien schlimme Verbrechen begangen haben, hier in Deutschland nicht sehen." Das seien Mittäter des Assad-Regimes, die in Syrien nun möglicherweise Strafverfahren vor sich hätten, sich aber stattdessen lieber auf die Flucht begeben würden. "Die klare Botschaft muss sein: Wir werden euch hier an den Grenzen sofort zurückweisen."
"Werden die Assad-Getreuen nicht aufnehmen"
Merz verlangte eine klare, abgestimmte Haltung mit allen anderen europäischen Ländern nach dem Motto: "Die EU und Deutschland werden die Getreuen Assads nicht aufnehmen. Das Ganze mit Maß und Augenmaß, aber auch trotzdem mit Klarheit und mit Konsequenz."
Derzeit leben in Deutschland laut dessen Innenministerium rund 975.000 Syrer. Die meisten kamen seit 2015 infolge des syrischen Bürgerkriegs. Mehr als 300.000 von ihnen haben einen subsidiären Schutztitel. Sie wurden also nicht wegen einer individuellen Verfolgung aufgenommen, sondern wegen des Bürgerkriegs in ihrer Heimat.
CDU-Chef: Asyl- von Arbeitsmigration trennen
Deutschland habe vielen Flüchtlingen geholfen und Unterkunft gewährt, sagte der Unionsfraktionschef. Doch die Zahl der in Deutschland lebenden Flüchtlinge sei jetzt schon zu hoch, die Aufnahmemöglichkeiten der Städte und Gemeinden seien überschritten. "So geht es nicht mehr weiter. Und deswegen muss man jetzt konsequenter in der Einwanderungs- und Migrationsdebatte sagen: Wir brauchen einen Politikwechsel auch in der Einwanderungspolitik."
Die Union schlage vor, die Arbeitsmigration von der Asylmigration strikt zu trennen, betonte Merz. Von Anfang an müsse es zwei verschiedene Verfahren geben. "Wer nach Deutschland oder Europa kommen will, weil er einen Fluchtgrund hat, der muss ein anderes Verfahren wählen als derjenige, der sagt "Ich will am liebsten morgen in Deutschland anfangen zu arbeiten"." Dafür habe die Union eine rein digitale "Work-and-Stay"-Agentur vorgeschlagen, die diese Aufgabe einheitlich für ganz Deutschland wahrnehmen soll. Dies solle auch in den deutschen Auslandsvertretungen in aller Welt gelten, in denen sich die Anträge stapeln und nicht zügig genug bearbeitet werden.
Auf die Frage, ob der Vorschlag des Parlamentarischen Geschäftsführers der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), noch gelte, das individuelle Asylrecht abzuschaffen und durch europäische Aufnahmekontingente zu ersetzen, sagte Merz: "Das deutsche Asylrecht spielt im Grunde genommen in den laufenden Asylverfahren nur noch eine untergeordnete Rolle." So sei 2023 nur 120 Syrern und 523 Afghanen der Asylstatus nach Artikel 16a Grundgesetz zuerkannt worden.
Botschaft an Polen und Österreich
Heute sehe man vorrangig Asylanträge nach europäischem Recht, sagte Merz. "Und diese Asylanträge müssten eigentlich nach europäischem Recht ganz überwiegend in anderen Ländern der Europäischen Union gestellt werden und behandelt werden, nicht in Deutschland." Er ergänzte: "Deswegen kommen wir zu dem Ergebnis: Zurückweisungen."
"Wenn das Asylsystem in der EU nicht mehr funktioniert, müssen wir das System ändern", verlangte Merz. "Es kann aber nicht sein, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Union einfach nach Deutschland durchwinken und sagen: Sorry, das System funktioniert nicht mehr, geht nach Deutschland."
Er habe deswegen sowohl dem polnischen Regierungschef Donald Tusk als auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) jüngst gesagt, "dass wir hier zu Lösungen kommen müssen, immer mit dem Angebot verbunden, das gemeinsam in Europa zu machen. Aber auch immer mit der klaren Aussage: Es kann nicht sein, dass ihr durchwinkt und wir sie alle aufnehmen."