"Wie Göbbels"

China ortet "Nazi-Methoden" bei Tibet-Berichten

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Pannen bei der Berichterstattung werden von Peking als Beweis für eine westliche Verschwörung gegen die chinesische Nation hoch stilisiert.

Neben den Mönchen in Tibet will die chinesische Regierung offenbar auch die ausländischen Medien unter Kontrolle bringen. Mit einer massiven Kampagne gegen "voreingenommene" Berichterstattung oder angebliche Manipulation von Informationen versucht Chinas Propagandaapparat, ausländische Kritiker zum Schweigen zu bringen. Als vorläufiger Höhepunkt der Kampagne stellte am Donnerstag die zentrale Hauptnachrichtensendung, die von allen Provinzsendern ausgestrahlt werden muss und damit die höchste Einschaltquote hat, nicht nur die britische BBC und den US-Nachrichtensender CNN, sondern auch den deutschen Sender RTL und die "Berliner Morgenpost" an den Pranger.

Falsche Bildunterschriften
Sie hätten falsche Bildunterschriften gewählt, auf ihren Webseiten ein Bild nicht vollständig gezeigt oder über die Niederschlagung der Proteste durch chinesische Polizisten berichtet, dazu aber Bilder nepalesischer oder indischer Polizisten gezeigt, die gegen exiltibetische Demonstranten vorgegangen waren. Obwohl die westlichen Medien immer von Wahrheit sprächen, so wurde beklagt, seien sie "nicht objektiv". "Sie tragen immer eine dunkle Brille oder haben ihre eigenen Motive, wenn es um Nachrichten aus China geht", durfte ein empörter Chinese in den Nachrichten der Regierung beipflichten.

Westliche Medien entschuldtigten sich
Zwar haben sich die Medien längst entschuldigt, doch werden diese Pannen jetzt als Beweis für eine westliche Verschwörung gegen die chinesische Nation hoch stilisiert. Eine neue Website http://www.anti-cnn.com über CNN als den "weltweit führenden Lügner" (The World's Leader of Lies) dokumentiert mehrere Fehltritte. In einem offenen Brief werden dort alle Chinesen zum Aufstand gegen "die westlichen Goebbels Nazi-Medien" aufgerufen, als wenn dahinter eine Maschinerie wie zu Zeiten des nationalsozialistischen Propaganda-Chefs Joseph Goebbels stünde.

Friedliebende chinesische Nation
"Die friedliebende, gebildete und kultivierte chinesische Nation hat lange genug die Erniedrigung geschluckt und Beleidigungen hinnehmen müssen. Es kann nicht mehr länger das schweigende Lamm sein", werden alle Chinesen mobilisiert, Briefe, Faxe und E-Mails an ausländische Medienorganisationen zu schicken, die bereits Drohbriefe bekommen. "Nur durch unsere Anstrengungen können wir unsere Rechte beschützen, unserer Stimme im Westen Gehör verschaffen, das Ansehen Chinas und die nationale Wiedervereinigung sichern", heißt es weiter, als wenn auf diese Weise auch noch das als abtrünnige Provinz betrachtete Taiwan zurückgewonnen werden könnte oder müsste.

Website biete "viel zum Nachdenken"
Der Sprecher des Außenministeriums, Qin Gang, findet, die Website biete "viel zum Nachdenken". Überhaupt sollten sich die ausländischen Journalisten "an die Fakten halten" und "die Wahrheit" berichten. Doch wer den Sprecher nach solchen Tatsachen wie die Zahl der Opfer fragt, ob es neue Unruhen von Tibetern gegeben oder die Polizei das Feuer auf Demonstranten eröffnet habe, bekommt keine Antwort. Fast gebetsmühlenartig verweist der Sprecher auf "zuständige und kompetente Stellen". Doch das Polizeiministerium ließ auf einer "Pressekonferenz" überhaupt keine Fragen zu. Örtliche Behörden haben ohnehin einen Maulkorb. In die Unruhegebiete in Tibet und angrenzende Provinzen darf auch kein Ausländer mehr reisen. So bleibt die Lage unklar, bleiben nur unbestätigte Angaben der Exiltibeter.

Propaganda-Aktion
In einer Propaganda-Aktion unter der Überschrift "Ausländische Medien strömen nach Lhasa" durfte eine kleine Gruppe ausgewählter ausländischer Reporter zu einem streng reglementierten Besuch nach Lhasa, "um darzustellen, dass die soziale Ordnung in Lhasa wieder hergestellt ist", wie Sprecher Qin Gang sagte. Die Choreographen hatten aber den Mut der Mönche im Jokhang Tempel unterschätzt. Wohl wissend, dass sie viele Jahre im Gefängnis landen dürften, riefen Mönche den Korrespondenten zu, es gebe "keine Freiheit in Tibet" und Peking "tischt nur Lügen auf", wie Teilnehmer der Gruppe berichteten.

Offiziell abgesegnete "Wahrheit"
Das Schicksal der Mönche, ihr Frust und ihre Verärgerung über "patriotische Erziehung", die Gängelung oder die Einmischung in ihre religiösen Angelegenheiten fällt aber nicht unter die offiziell abgesegnete "Wahrheit", sondern eher unter die beklagte "Verdrehung der Tatsachen" durch westliche Medien. Aus chinesischer Sicht zählt allein die - zweifellos berechtigte - Empörung über die brutalen Attacken von Tibetern auf Chinesen. Für die Ursachen der Gewalt interessiert sich das amtliche Peking aber nicht. Vielmehr werden die Chinesen in eine doppelte Opferrolle - erst durch die Tibeter, dann die westlichen Medien - gerückt. Indem der Nationalismus geschürt werde, schare sich das Volk hinter die Führung, fand ein Diplomat.

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