Eskalation der Gewalt: Chinas Polizei schießt auf Aufständische in Sichuan. Vier Personen wurden verletzt. Die Presse wurde aus Tibet ausgewiesen.
Die chinesische Polizei verstärkt ihre Vorgehensweise gegen die Demonstranten auch in anderen Provinzen. Vier Personen wurden durch Schüsse in Sichuan verletzt.
24 Menschen verhaftet
Wegen der Unruhen in Tibets Hauptstadt
Lhasa in der vergangenen Woche hat China nach offiziellen Angaben 24
Menschen verhaftet. Die Staatsanwaltschaft wirft den Verdächtigen Gefährdung
der nationalen Sicherheit sowie Plünderungen, Brandstiftungen und andere
gewaltsame Übergriffe vor, wie der amtliche tibetische Mediendienst am
Donnerstag mitteilte. Es lägen stichhaltige Beweise vor, sagte der
stellvertretende Leiter der Strafverfolgungsbehörde in Lhasa, Xie Yanjun.
Harte Strafen seien nötig, um die Einhaltung der Gesetze zu gewährleisten.
Mehr als tausend Tibeter, einige von ihnen zu Pferd, hatten eine entlegene Stadt in der chinesischen Provinz Gansu gestürmt. Sie griffen ein Regierungsgebäude an und hissten die tibetische Flagge, berichtete der kanadische Fernsehsender CTV am Mittwoch. Die Fernsehbilder zeigten jubelnde Tibeter beim Sturm auf eine ungenannte Stadt in der Provinz
Peking geht gegen die Presse vor
Unterdessen haben die
chinesischen Behörden zwei deutsche Korrespondenten, Georg Blume und Kristin
Kupfer, am Donnerstag aus Tibet ausgewiesen. Ihnen habe ein ranghoher
Funktionär mit dem Entzug der Aufenthaltsgenehmigung in China gedroht,
berichtete Blume telefonisch der Deutschen Presse-Agentur dpa in Peking,
bevor die Polizei sie zur Eisenbahn eskortierte. Mehrere Tage hatten sich
die beiden geweigert, den Anweisungen der Polizei zu folgen, das Hochland
nach den schweren Unruhen in Lhasa zu verlassen.
Profil-Korrespondentin ausgewiesen
"Uns wurde heute auf
einschüchternde Weise gesagt, wenn wir jetzt nicht gehen, werden wir sehr
große Probleme bekommen, und zwar auch in der Visafrage", sagte
der China-Korrespondent der Wochenzeitung "Die Zeit" und Berliner "taz".
Seine Kollegin Kupfer ist in Peking für das österreichische Magazin "Profil"
akkreditiert. Beide waren die letzten ausländischen Korrespondenten in
Tibet. Zuvor hatten bereits der Korrespondent des "Economist",
James Miles, sowie am Montag schon mehrere Hongkonger Journalisten Lhasa
verlassen müssen.
In der Himalaya-Region waren in der Vorwoche Proteste gegen die chinesische Herrschaft in Gewalt umgeschlagen. Dabei kamen nach offiziellen chinesischen Angaben mindestens 16 Menschen ums Leben, drei Demonstranten und ansonsten unbeteiligte Zivilisten. Die tibetische Exil-Regierung spricht dagegen von 100 Toten durch das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte. China machte den Dalai Lama für die Unruhen verantwortlich, die sich inzwischen auf angrenzende Provinzen ausgeweitet haben. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter bestreitet die Vorwürfe und hat aus seinem indischen Exil beide Seiten zum Gewaltverzicht aufgerufen.
Militärpräsenz auch in anderen Provinzen verstärkt
Die
chinesische Regierung hatte die Militärpräsenz in Tibet und zwei
Nachbarprovinze massiv verstärkt. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua
berichtete am Donnerstag erstmals von Unruhen auch in den Provinzen Gansu
und Sichuan. Teile dieser Provinzen gehören zum tibetischen Siedlungsgebiet.
Eine Tibeterin im Nordwesten von Sichuan sagte telefonisch: "Es sind
viele, viele Soldaten da. Ich habe Angst, das Haus zu verlassen." Sie
habe von zahlreichen Verhaftungen gehört, sagte die Bewohnerin der Präfektur
Aba. In der Stadt Aba (tibetisch: Ngawa) seien am Sonntag Geschäfte und
Amtsgebäude angegriffen worden, meldete Xinhua. Ähnliche Vorfälle habe es in
fünf Präfekturen der Provinz Gansu gegeben.