"Arroganter" Westen
China strikt gegen Einmischung in Tibet-Politik
12.04.2008
China hat sich in scharfem Ton gegen jede Einmischung des Auslands in seine Tibet-Politik verwehrt.
Staats- und Parteichef Hu Jintao wies am Samstag Forderungen westlicher Politiker nach einem Dialog mit dem Dalai Lama entschieden zurück. Der Volkskongress in Peking warf dem Europaparlament "arrogante Einmischung" in die inneren Angelegenheiten des Landes vor. Derweil verlief der olympische Fackellauf durch die argentinische Hauptstadt Buenos Aires am Freitag ohne Störungen.
Peking gegen Einmischung des Europa-Parlaments
Der Volkskongress
erklärte am Samstag, die "unbegründete" Kritik des Europaparlaments an
Pekings Tibet-Politik werde "die chinesisch-europäischen Beziehungen
belasten". Die Europaparlamentarier hatten am Donnerstag das Vorgehen
chinesischer Sicherheitskräfte in Tibet scharf verurteilt. Die EU sollte
sich einen Boykott der Feier offenhalten, falls China keine Gespräche mit
dem Dalai Lama führe. In der in Peking veröffentlichten Erklärung hieß es
nun, das Europaparlament dürfe die Gefühle des chinesischen Volkes nie
wieder verletzen. Die Parlamentarier hätten den Geist der Olympischen Charta
verletzt und die Spiele politisiert.
Dalai Lama wird "Sabotage" vorgeworfen
Staats- und
Parteichef Hu Jintao warf dem Dalai Lama, dem religiösen Oberhaupt der
Tibeter, vor, "Gewalt anzustacheln" und die Olympischen Spiele in Peking
"sabotieren" zu wollen. Im Tibet-Konflikt gehe es einzig um die nationale
Einheit des Landes und nicht um ethnische oder religiöse Probleme oder gar
Menschenrechte, betonte Hu bei einem Gespräch mit dem australischen
Premierminister Kevin Rudd. Daher müsse der Dalai Lama zuerst seinen Kampf
für eine Unabhängigkeit Tibets aufgeben und der Gewalt abschwören, ehe
Gespräche mit Peking möglich seien, sagte Hu nach Angaben der amtlichen
chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua. Der Dalai Lama hatte immer wieder
betont, dass er weder eine vollständige Unabhängigkeit für Tibet anstrebe,
noch zur Gewalt aufrufe.
Westliche Politiker rufen zu Dialog auf
Westliche Politiker
hatten China nach den jüngsten Unruhen in Tibet mehrfach zu Gesprächen mit
dem Dalai Lama aufgerufen. Zuletzt hatten US-Außenministerin Condoleezza
Rice und der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier Peking am
Freitag aufgefordert, den Dialog mit Vertretern des religiösen Oberhaupts
der Tibeter zu suchen und so zu einer Beruhigung der Lage in Tibet
beizutragen. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel kündigte indes ein
weiteres Treffen mit dem Dalai Lama an. Die Haltung Deutschlands beim Ungang
mit Menschenrechten sei "eindeutig, wozu auch ein Empfang des Dalai Lama
gehört", richtete die Kanzlerin in der "Frankfurter Allgemeinen
Sonntagszeitung" den chinesischen Behörden aus.
Deutschland gegen Olympia-Boykott
Steinmeier und Merkel erteilten
Boykottaufrufen erneut eine Absage. Ein Boykott der Olympischen Spiele würde
den Tibetern nicht helfen, argumentierte die deutsche Kanzlerin. "Der
Boykott der Olympischen Spiele 1980 hat letztlich nichts gebracht, außer
dass er zu einem Gegenboykott der Spiele 1984 geführt hat." Steinmeier
räumte jedoch im Gespräch mit dem Nachrichtensender n-tv ein, man müsse
"über die Vergabe von sportlichen Großereignissen neu nachdenken". Das
Internationale Olympische Komitee (IOC) muss für die Vergabe der Olympischen
Spiele an China derzeit heftige Kritik einstecken.
Fackellauf in Buenos Aires friedlich
Anders als zuvor in Paris,
London oder San Francisco rief das olympische Feuer beim Fackellauf in
Buenos Aires nur wenige Kritiker der chinesischen Menschenrechtspolitik auf
den Plan. Eine Handvoll Demonstranten, meist Anhänger der in China
verbotenen Kultgemeinschaft Falun Gong, protestierten gegen die Olympischen
Spiele in Peking. Sie trugen Transparente, auf denen die Unterdrückung der
Glaubensfreiheit angeprangert wurde und dem Regime in Peking Folter und Mord
vorgeworfen wurden. 5000 Polizisten waren im Einsatz, um Zwischenfälle beim
Fackellauf zu verhindern. Der Vize-Präsident des Organisationskomitees der
Olympischen Spiele in Peking, Liu Jingmin, dankte dem "ganz liebenswürdigen"
argentinischen Volk für die Gastfreundschaft.
Das über Nacht an einem geheimen Ort aufbewahrte Feuer war am Vortag von San Francisco kommend in Buenos Aires eingetroffen. Am Sonntag wird es in der tansanischen Metropole Daressalam erwartet.