Demokraten
Clinton und Obama proben das Duett
16.01.2008
Die Rivalen signalisierten im TV den Willen zur Zusammenarbeit. Ist eine gemeinsame Kandidatur geplant?
Gestärkt von ihrem Überraschungssieg in New Hampshire kanzelte die Kandidatin ihren Gegner ohne Nachsicht ab. Es mangle ihm an Kompetenz und Weitblick, urteilte Hillary Clinton, seine Politik sei geradezu "armselig". Nicht dem parteiinternen Rivalen Barack Obama galt diesmal freilich ihre Schelte, sondern dem Präsidenten, um dessen Nachfolge beide sonst so erbittert streiten: George W. Bush.
Lob von Clinton: Obama sei inspirierend
Für Obama hatte Clinton
in der TV-Debatte der demokratischen Kandidaten am Dienstagabend in Las
Vegas viel Lob übrig, er sei "inspirierend" und habe Tiefgang. Der
US-Wahlkampf tritt in die nächste Phase: Nach bitterem internen Streit
besinnen sich die Demokraten auf den eigentlichen Gegner, Bushs Republikaner.
"Weder Hautfarbe noch Geschlecht sollten im Wahlkampf eine Rolle spielen"
In
den Tagen zuvor war der Schlagabtausch zwischen Anhängern von Clinton und
Obama gefährlich eskaliert. Clinton musste sich gegen den Vorwurf wehren,
die Leistungen des schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King in einem
TV-Interview herabgewürdigt zu haben. Aus Obamas Lager war gezielt Kritik an
Clinton lanciert worden, Clintons Lager reagierte mit Spitzen gegen Obama,
über alles legte sich der giftige Vorwurf des Rassismus - eine
Belastungsprobe für die Demokratische Partei. Gleich zu Beginn der Debatte
stellte Clinton klar: "Senator Obama und ich stimmen überein, weder
Hautfarbe noch Geschlecht sollten im Wahlkampf eine Rolle spielen." Obama
erwiderte knapp: "Das hat Hillary gut gesagt."
Kandidaten selbst erschrocken über Auseinandersetzung
In dem
von schrillen persönlichen Vorhaltungen geprägten US-Wahlkampf bot die
TV-Debatte ein faszinierendes, weil seltenes Schauspiel: Die Kandidaten
wirkten so, als seien sie selbst ein wenig erschrocken über die Schärfe der
jüngsten Auseinandersetzung. In den Wahlkampfteams gebe es "übereifrige und
manchmal unkontrollierbare" Mitarbeiter, die sich gelegentlich im Ton
vergriffen, sagte Clinton entschuldigend. Obama nahm vor den Fernsehkameras
eine Aussage der vergangenen Woche zurück, in der er flapsig Zweifel an
Clintons Liebenswürdigkeit geäußert hatte: "Das tut mir absolut leid", sagte
er. "Es kam anders raus, als ich es gemeint habe."
Beide Kandidaten gleichauf
Das gegenwärtige Unentschieden im
Wahl-Duell zwischen Clinton und Obama heizt den Kampfgeist unweigerlich an:
Obama hatte die Vorwahl in Iowa gewonnen, Clinton die in New Hampshire, und
am Samstag steht in Nevada die dritte Abstimmung bevor. Doch angesichts der
guten Siegeschancen bei der Präsidentenwahl im November wollen die
parteiinternen Rivalen um die Spitzenkandidatur auf eine unappetitliche
Selbstzerfleischung erst einmal verzichten. In einem geschickten Schachzug
schlug Clinton ihrem Senatskollegen Obama in der TV-Debatte sogar die
Ausarbeitung eines gemeinsamen Gesetzesentwurfs vor, der Bushs
Gestaltungsspielraum in der Irak-Politik einschränken soll. "Daran können
wir gemeinsam arbeiten, Hillary", entgegnete Obama überrascht.
Gemeinsame Kandidatur?
Vielleicht bahnte sich hier schon jene
Konstellation an, von der viele US-Demokraten träumen: Clinton als
Spitzenkandidatin, Obama als Kandidat für die Vizepräsidentschaft. In der
Debatte von Las Vegas fand die frühere First Lady jedenfalls wieder zu jener
präsidialen Gelassenheit zurück, die sie nach der Niederlage gegen Obama in
Iowa kurzzeitig verloren hatte. "Sie tritt auf, als wäre sie schon die
Spitzenkandidatin", bemerkte Moderator Chris Matthews hinterher.
Clinton will Gesundheitsreform und Truppenabzug
In ruhigem Ton
sprach Clinton über ihren Plan zur Gesundheitsreform, zum Rückzug der
Truppen aus dem Irak und zur Ankurbelung der Wirtschaft. Innerhalb weniger
Wochen ist die Rezessionsangst in den USA zum Wahlkampfthema Nummer eins
geworden. Clinton könnte dabei von der Erinnerung an die erfolgreiche
Wirtschaftspolitik ihres Mannes Bill profitieren.
Obama warnt vor Angstmache
Die einzige wirklich scharfe Reaktion
von Obama rief sie hervor, als sie die Gefahr eines neuen Terroranschlags
heraufbeschwor, dem nur ein Präsident mit jahrzehntelanger Erfahrung wie sie
gewachsen sein könnte. "Jetzt beschwört sie das Gespenst eines neuen
Anschlags, nur um politisch zu punkten", sagte Obama genervt.