Tibet
Dalai Lama soll vor EU-Parlament sprechen
25.03.2008
Nach dem harten Vorgehen Chinas in Tibet gibt es immer mehr Diskussionen um die Olympischen Spiele und einen möglichen Boykott.
Der Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, hat den Dalai Lama zu einem Besuch eingeladen. Das Exil-Oberhaupt der Tibeter sei jederzeit im Parlament willkommen, um über die Lage der Tibeter in China zu berichten, sagte Pöttering am Mittwoch zum Auftakt einer Dringlichkeitssitzung zur Lage in Tibet. Das EU-Parlament kritisierte das Vorgehen der chinesischen Behörden gegen Proteste von Tibetern gegen die chinesische Herrschaft einmütig scharf. Uneinig waren sich die Abgeordneten jedoch in der Frage eines möglichen Boykotts der Olympischen Spiele in Peking im Sommer. Der tibetische Exil-Parlamentspräsident Karma Chopel berichtete, das Militär der Volksrepublik sei inzwischen für mindestens 135 "Tötungen und Massaker" an tibetischen Demonstranten verantwortlich, mehr als 1.000 Tibeter seien verhaftet worden.
Debatte um Olympia-Boykott
Die Debatte um die Teilnahme an der
Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in Peking im August ist voll
entbrannt. Zwar herrscht unter westlichen Regierungen generell die Ansicht,
dass die Spiele selbst nicht boykottiert werden sollen, sehr wohl aber
könnten einzelne Länder durch die Nicht-Teilnahme an der Eröffnungszeremonie
am 8. August ein Zeichen setzen. Die Proteste in Tibet dürften am morgigen
Mittwoch auch das Europäische Parlament beschäftigen.
Frankreich überlegt Boykott der Eröffnung
Frankreich
erwägt wegen des chinesischen Vorgehens in Tibet einen Boykott der
Eröffnungsfeier der Olympischen Sommerspiele, will aber an den Wettkämpfen
teilnehmen. "Niemand fordert den Boykott der Olympischen Spiele, vor
allem nicht der Dalai Lama", sagte Außenminister Bernard Kouchner am
Dienstag im französischen Rundfunk. Man solle "nicht tibetanischer
sein als der Dalai Lama". Präsident Nicolas Sarkozy schloss auf eine
Frage aber zumindest einen Boykott der Eröffnungsfeier nicht mehr aus.
"Ich verschließe vor keiner Möglichkeit die Tür, aber ich appelliere an die Vernunft der chinesischen Führung", sagte Sarkozy in Tarbes. Élysée-Mitarbeiter führten gegenüber französischen Medien aus, dass Sarkozy sich dabei nur auf die Eröffnungsfeier und nicht auf die Spiele selbst bezogen habe. Er wünsche einen Dialog Chinas mit dem Dalai Lama. "Unsere chinesischen Freunde müssen die weltweiten Sorgen wegen der Tibet-Frage verstehen." Am Montag hatte Sarkozy Peking zur Zurückhaltung in Tibet aufgerufen. Diese Aufforderung war auch in den eigenen Reihen als zu schwach kritisiert worden.
Der Dalai Lama wird während der Olympischen Spiele am 15. bis 20. August in Frankreich erwartet. Die Pariser Staatssekretärin für Menschenrechte, Rama Yade, schloss nicht aus, den Dalai Lama zu empfangen, wenn er als geistlicher Würdenträger komme. Auch Yade lehnte einen Boykott der Olympischen Spiele ab, ließ aber ihre Teilnahme an der Eröffnungsfeier offen.
Deutscher Außeminister fordert Transparenz zu Tibet-Krise
Der
deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier forderte Peking auf,
hinsichtlich der Ereignisse in Tibet größtmögliche Transparenz erzustellen.
In einem längeren Telefonat mit seinem chinesischen Kollegen Yang Jiechi
drückte er nach Angaben eines Sprechers die Hoffnung aus, dass der Gewalt
dauerhaft ein Ende bereitet und die Situation beruhigt werden könne.
Steinmeier habe auch dazu aufgerufen, Lösungen im Dialog zu suchen. Yang
verwies in dem Gespräche auf die aktuelle Entscheidung der chinesischen
Behörden, ausländische Journalisten nach Tibet einzuladen. Zur Frage eines
Boykotts der Olympischen Spiele betonte Steinmeier den Angaben zufolge
erneut, dass er dies nicht für das geeignete Mittel halte, um auf die
jüngsten Ereignisse zu reagieren.
EU-Sondersitzung
Am Mittwoch werden die EU-Abgeordneten
voraussichtlich bei einer Sonderplenarsitzung über den von
EU-Parlamentspräsidenten Hans-Gert Pöttering geforderten Boykott der
Olympischen Spiele in China diskutieren. Eigentlich steht der
EU-Frühjahrs-Gipfel auf dem Programm der Parlaments-Sondersitzung. Mit
Sicherheit wird die Tibet-Krise den Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten
im EU-Parlament beschäftigen. Dort soll Karma Chopel, Präsident des
tibetischen Exilparlaments in Indien, das Thema am Mittwochabend zur Sprache
bringen.
Österreicher lehnen Boykott ab
Die österreichischen
EU-Abgeordneten lehnen die Forderung von Parlamentspräsident Pöttering nach
einem Boykott der Spiele wegen Tibet mehrheitlich ab. SPÖ-Parlamentarier
Hannes Swoboda fordert vielmehr, Olympia als Gelegenheit zu sehen, das
Probleme immer wieder anzusprechen. Im vergangenen Herbst hatten mehrere
SPÖ-Abgeordnete wegen der Verfolgung der Falun-Gong-Bewegung einen
Boykott-Aufruf für Peking unterschrieben. Der Grüne Abgeordnete Johannes
Voggenhuber kritisierte die Empörung über das Vorgehen Chinas gegen die
tibetischen Demonstranten als "Heuchelei" und warnt davor, bereits
bei der ersten Gelegenheit das schlimmsten Mittel - also eine Absage -
einzusetzen.
Bush sicher dabei
Ungerührt in seiner Entscheidung, an den
Spielen in Peking teilzunehmen, bleibt US-Präsident George W. Bush. Er will
trotz des international kritisierten Vorgehens Pekings in Tibet an seiner
Reise festhalten. Die Spiele seien in erster Linie ein sportliches und kein
politisches Ereignis, sagte Bushs Sprecherin in Washington. Ein Boykott
stehe nicht zur Diskussion.