Kanzler Gusenbauer bat den libyschen Staatschef Gaddafi um Hilfe im Geiseldrama. Wer ist dieser Muammar Gaddafi?
Algerischen Medienberichten zufolge bat Kanzler Gusenbauer den libyschen Staatschef Gaddafi um Hilfe im Geiseldrama. Der libysche "Freund Österreichs", wie er sich selbst nennt, ist jedoch nicht unumstritten.
König gestürzt - Beginn einer seltsamen Diktatur
Muammar
Gaddafi wurde 1942 als Sohn einer Beduinenfamilie in Libyn geboren. Er
absolvierte eine Offiziersausbildung in Großbritanien. 1969 stürzte er mit
seinem "Bund Freier Offiziere" König Idris von Libyen und übernahm
mit einer Militärjunta die Macht im Lande. Er führte das Land in die fast
vollständige Isolation gegenüber dem Westen. Gaddafi wurde stets
beschuldigt, den internationalen Terrorismus zu unterstützen.
Terroranschläge gegen den Westen
Bei einem Bombenanschlag
auf die berliner Diskothek "La Belle" wurden 1986 drei Menschen
getötet. Der damalige US-Präsident Reagan ließ daraufhin Tripolis und
Bengasi bomardieren. Es folgten Sprengstoffanschläge auf einen PanAm-Jumbo
mit 270 Toten im Jare 1988 und auf eine französische DC10 über Niger ein
Jahr später (171 Tote). Damit war Gaddafi als vermuteter Drahtzieher am
Pranger der internationalen Politik.
Die folgenden UN-Sanktionen bremsten den verdächtigen Beduinensohn, der sich in seinen an Größenwahn grenzenden Ambitionen einst aufmachte, aus dem ölgesegneten Libyen einen islamischen Musterstaat zu machen.
Plötzliche Wende - Terroristen ausgeliefert
1999 bekannte
sich Gaddafi zur Schuld Libyens an dem Anschlag auf einen Pan-American-Flug
von 1988 über der schottischen Stadt Lockerbie. In der Folge lieferte er die
Attentäter aus und ließ den Hinterbliebenen der Opfer eine hohe
Entschädigung zahlen. Im Jahr 2000 trat Gaddafi als Vermittler um das
Geiseldrama auf der philippinischen Insel Jolo auf.
Annäherung an den Westen
2003 gab Gaddafi bekannt, dass sein
Land die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen betreibe. Er sei aber
bereit, dieses Programm aufzugeben. Gaddafis Verhältnis zum Westen hat sich
seitdem verbessert. Im März 2004 besuchte ihn Tony Blair und beendete damit
die lange Isolation Libyens. Im Oktober folgte Gerhard Schröder als erster
deutscher Kanzler.
Zum 37. Jahrestag seiner Machtübernahme rief Gaddafi im September 2006 öffentlich zur Ermordung politischer Gegner auf. Nach Bekanntwerden der Hinrichtung des irakischen Machthabers Saddam Hussein am 30. Dezember 2006 ordnete Gaddafi eine dreitägige Staatstrauer für sein Land an. Er will außerdem ein Monument errichten lassen, welches den gehängten Saddam Hussein zeigen und ihn als Märtyrer verherrlichen soll.
Am 10. Dezember 2007, dem Welttag der Menschenrechte, besuchte er nach 34 Jahren wieder Paris. Etwa 100 Personen demonstrierten auf dem Champ de Mars gegen seinen Besuch. Die französische Journalistin Memona Hintermann, Chefreporterin von France 3, berichtete dem Fernsehsender "Canal+", sie habe sich 1984 von Gaddafi in eine Militärbaracke bringen lassen, um dort ein Interview mit dem Staatschef durchzuführen. Dort habe er versucht, sie zu vergewaltigen.