Die CSU will die Betriebszeiten der AKWs verlängern: Kernenergie sei notwendig als "Übergangslösung und Brücke in den künftigen Energiemix".
Die CSU will angesichts des derzeitigen Lieferausfalls bei russischem Erdöl auf Grund des Handelskonflikts zwischen Moskau und Minsk gegen den Willen von Koalitionspartner SPD die Betriebszeiten der deutschen Atomkraftwerke verlängern. Dies beschlossen die CSU-Bundestagsabgeordneten am Mittwoch am letzten Tag ihrer Klausurtagung im bayerischen Wildbad Kreuth.
CSU: "Übergangslösung"
Die Parlamentarier
erklärten, der Verzicht auf die "kostengünstige, CO2-freie Energie"
aus Kernkraft würde nicht nur die Energiepreise für Haushalte und
Unternehmen in die Höhe treiben, sondern auch den Klimawandel verschärfen.
Kernenergie sei notwendig als "Übergangslösung und Brücke in den
künftigen Energiemix", bis auch der Anteil der erneuerbaren
Energien gestärkt sei. "Deutsche Kernkraftwerke gehören zu den
sichersten weltweit", hieß es in dem Beschluss.
Damit stellen die Christsozialen erneut den von der rot-grünen Vorgängerregierung beschlossenen Ausstieg aus der Atomkraft in Frage. Demnach soll um das Jahr 2020 das letzte AKW der Bundesrepublik vom Netz genommen werden. Insgesamt sind dort 17 Reaktoren in Betrieb. Die bayerische CSU stellt gemeinsam mit der Schwesterpartei CDU und der SPD seit Herbst 2005 die deutsche Regierung. In ihrer Koalitionsvereinbarung hatten sie such darauf geeinigt am Atomausstieg festzuhalten. Auch CDU-Politiker hatten den Ausstieg danach in Frage gestellt.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel stellt den mittelfristigen Ausstieg aus der Kernenergie nicht in Frage. Die Regierungschefin sagte, sie halte sich an die entsprechende Festlegung im Koalitionsvertrag mit der SPD. Merkel unterstrich, es sei "ganz wichtig, dass man vertrags-treu ist". Dies könne aber "kein Denk-Verbot" bedeuten. "Es bleibt der Tatbestand, dass der Ausstieg Folgen hat." Dies müsse "geklärt" werden. Für die Zukunft sei die wirksamere Nutzung von Energie "der Schlüssel". Auch bei den erneuerbaren Energien könne "viel mehr getan" werden.
FDP für Atomenergie
Die oppositionelle FDP forderte ein
Festhalten an der Atomenergie. "Man muss diesen irrsinnigen
Ausstiegsbeschluss aus der Kernenergie sofort rückgängig machen",
sagte Parteichef Guido Westerwelle. "Alle anderen G-8-Staaten sagen,
dass sie die Kernkraft ausbauen." Wenn Deutschland die weltweit
sichersten Kraftwerke aus ideologischen Gründen abschalte, heiße das nur,
dass danach der Strom aus wesentlich unsichereren Kraftwerken im Ausland
komme.
Zudem sieht Westerwelle einen Schaden für den Klimaschutz durch den Ausstieg aus der Kernenergie, der die Abhängigkeit von Energielieferungen aus dem Ausland und damit Deutschlands "politische Erpressbarkeit", vergrößere. Das Argument, es gebe kein schlüssiges Konzept für die Entsorgung des Atommülls, ließ Westerwelle nicht gelten. Dies müsse ganz unabhängig von der Frage eines Ausstiegs oder Nicht-Ausstiegs weltweit sowieso geregelt werden, meinte er.
Grüne: "Risikotechnologie"
Die Grünen warnten die
Große Koalition dagegen vor einer Abkehr vom Ausstieg aus der Atomenergie.
Der ehemalige deutsche Umweltminister Jürgen Trittin kritisierte scharf die
von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) angestoßene Debatte. Stattdessen
forderten führende Politiker der Partei einen verstärkten Ausbau
alternativer Energieformen. Der Fraktionschef im Bundestag, Fritz Kuhn,
erklärte, seine Partei halte die Atomkraft nach wie vor für eine "Risikotechnologie".
Merkel hatte am Dienstag vor einer einseitigen Abhängigkeit von einzelnen Energie-Lieferanten gewarnt. "Deshalb muss man Energie sparen, deshalb muss man auf erneuerbare Energien setzen, und deshalb muss man sich natürlich auch überlegen, was für Folgen hat es, wenn wir Kernkraftwerke abschalten", sagte sie. Russland hatte am Montag die Öl-Leitung durch das Nachbarland geschlossen und damit auch die Versorgung anderer Länder wie Deutschland und Polen beschnitten. Der russische Pipeline-Betreiber Transneft begründete dies damit, dass Weißrussland sich illegal mit Öl aus der Pipeline versorge. Weißrussland bestreitet das.
SPD: Debatte "nicht sinnvoll"
Der deutsche
Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) bezeichnete die neuerliche Debatte um
einen Ausstieg Deutschlands aus dem Atomausstieg mit Blick auf die künftige
Energiestrategie als "nicht sinnvoll". Es gebe derzeit im Berliner
Bundestag keine Mehrheit für eine Änderung des Atomgesetzes, sagte Gabriel.