Am Montag wurden weitere Zeugen im Prozess vernommen.
Im deutschen Mord-Prozess gegen den mutmaßlichen KZ-Wachmann John Demjanjuk hat das Landgericht München weitere Nebenkläger vernommen. Sie schilderten am Montag, wie sie den Holocaust überlebten. Meist konnten sie sich bei Freunden oder Verwandten verstecken. Sie verloren aber zahlreiche Angehörige. In dem vermutlich letzten großen Prozess um Nazi-Verbrechen belastete keiner der Zeugen den 89-jährigen Demjanjuk, einen gebürtigen Ukrainer, direkt. Der Angeklagte nahm im Rollstuhl an der Verhandlung teil, äußerte sich aber wie an den vorangegangenen Prozesstagen nicht selbst.
Beihilfe zum Mord
Die Staatsanwaltschaft wirft Demjanjuk, der im
Zweiten Weltkrieg in deutsche Gefangenschaft geriet und für die Nazis im
Vernichtungslager Sobibor als Wächter gearbeitet haben soll, Beihilfe zum
Mord an 27.900 Menschen, vorwiegend Juden, vor. Er soll Kinder, Frauen und
Männer in Gaskammern getrieben haben.
Demjanjuk bestreitet die Vorwürfe. Sein Anwalt sieht ihn selbst als Opfer der Nazis, weil er ihnen habe dienen müssen, um nicht selbst getötet zu werden. Wissenschaftler hatten diese Lesart als unrichtig bewertet.
Eklat durch Demjanjuk-Anwalt
Der 83-jährige Nebenkläger Robert
Cohen sagte, er sei selbst im KZ Auschwitz sowie vielen anderen Lagern
gewesen. Sein Bruder und seine Eltern seien in Sobibor im heutigen Polen
umgebracht worden. "Wir wussten nicht, was los war. Wir dachten, wir
müssten arbeiten", sagte der in Amsterdam geborene Pensionist. Für
Empörung bei den Nebenklägern sorgte Demjanjuks Anwalt Ulrich Busch.
Er fragte Cohen, ob die sogenannte "Judenpolizei" im niederländischen Lager Westerbork schlimmer gewesen sei als die Nazis. Dies habe er in Dokumenten gelesen, die er aber nicht näher benennen konnte. Cohen sagte, Westerbork sei nur ein Durchgangslager nach Sobibor gewesen und die "Judenpolizei" lediglich ein Ordnungsdienst. Im Vernichtungslager Sobibor wurden mindestens 250.000 Juden getötet.
Prozess wird nicht eingestellt
Das Gericht lehnte den Antrag der
Verteidigung auf Einstellung des Verfahrens ab. Der Antrag sei unbegründet,
befand die Kammer am Montag in einer umfassenden rechtlichen Stellungnahme.
Abgewiesen wurden ebenso die Anträge der Verteidigung auf Aufhebung des
Haftbefehls sowie zur Aussetzung des Verfahrens, um noch weitere Unterlagen
aus dem Ausland beiziehen zu können.
Die Kammer sehe keine Veranlassung für die Annahme, dass über die vorhandenen Akten hinaus wichtige Unterlagen fehlen könnten, sagte der Vorsitzende Richter Ralph Alt.