Strategiewechsel
Demokraten lehnen Aufstockung der US-Truppen im Irak ab
05.01.2007
Die neue demokratische Mehrheit im US-Kongress stemmt sich gegen eine von Präsident George W. Bush erwogene Aufstockung der Truppen im Irak.
"Noch mehr Kampftruppen würden nur mehr Amerikaner gefährden", schrieben Senats-Mehrheitsführer Harry Reid und die Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, am Freitag an Bush. Zudem würde der Schritt die Kapazitäten des Militärs überfordern. Die US-Regierung leitete unterdessen weitere Umbesetzungen auf Schlüsselpositionen in Diplomatie, Geheimdienst und Militär in die Wege.
Zeit Krieg zu beenden
"Nach fast vier Jahren Kampf, zehntausenden
US-Opfern und mehr als 300 Milliarden US-Dollar ist es Zeit, den Krieg zu
einem Ende zu bringen", hieß es in dem gemeinsamen Schreiben der Demokraten
weiter. Die US-Bürger hätten mit ihrer Wahl im November gezeigt, dass sie
nicht glaubten, die derzeitige Irak-Politik der US-Regierung könne zum
Erfolg führen. Truppensteigerungen seien als Strategie bereits gescheitert.
Abzug in vier bis sechs Monaten
"Wir glauben, der Weg nach vorn
ist, mit einer schrittweisen Verlagerung unserer Truppen in den nächsten
vier bis sechs Monaten zu beginnen." Gleichzeitig sollte ihre Hauptaufgabe
künftig etwa die Ausbildung irakischer Kräfte sein und nicht mehr der
Kampfeinsatz.
Demokraten setzen Bush unter Druck
Zugleich machten die
Demokraten deutlich, dass Bush nicht am Kongress vorbei agieren könne.
Notfalls wolle man ein Gesetz, mit dem sich der Präsident eine Aufstockung
oberhalb einer gewissen Truppenstärke vom Parlament genehmigen lassen müsse,
sagte Senator Richard Durbin. Dies sei aber nur eine Option von vielen und
keineswegs bereits beschlossene Sache, fügte der Senator nach einer
Strategie-Sitzung mit demokratischen Kollegen hinzu.
Republikaner wackeln
Um ein solches Gesetz letztlich durch den
Senat zu bringen, müssten neben den 51 Demokraten in der Parlamentskammer
noch mindestens neun Republikaner dafür stimmen. Käme die Zahl von 60
Stimmen nicht zu Stande, könnten die Republikaner das Vorhaben durch
Verfahrenstricks dauerhaft blockieren. Durbin räumte ein, dass seine Partei
für ein Gesetz zur Truppenbegrenzung Stimmen aus dem Lager der Republikaner
brauchen würde. Dies wäre jedoch kein Hindernis, sagte Durbin: "Wenn man
sich so umschaut, sieht man, dass immer mehr Republikaner Zweifel an der
Politik des Präsidenten zu hegen beginnen."
17.000 bis 20.000 Soldaten mehr
Die "New York Times" hatte jüngst
berichtet, Bush wolle die US-Truppen im Irak wohl um 17.000 bis 20.000
Soldaten aufstocken. Die meisten der zusätzlichen Kräfte sollten
voraussichtlich in der Hauptstadt Bagdad und deren Umgebung eingesetzt
werden, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Mitarbeiter des
Verteidigungsministeriums in Washington.
Die ersten Köpfe rollen
Der US-Präsident besetzte
unterdessen die beiden wichtigsten Militärposten für die Region neu:
Oberkommandierender im Irak wird David Petraeus, der George Casey ersetzt;
neuer Chef des US-Zentralkommandos im Irak und in Afghanistan wird William
Fallon, der John Abizaid folgt. Bush habe sich nach den Vorschlägen seines
Verteidigungsministers Robert Gates für die beiden Generäle entschieden,
teilte das Präsidialamt in Washington am Freitag mit. Die Nominierungen
müssen noch vom Kongress bestätigt werden, was für gewöhnlich reine
Formsache ist.
Auftakt
Die Neubesetzungen im Militär bilden den Auftakt für eine
Neuausrichtung der Irak-Strategie Bushs, nachdem dessen Republikanische
Partei bei den Kongresswahlen im November - vor allem, wie vermutet wird,
wegen des unpopulären Irak-Krieges - eine herbe Niederlage erlitten hatte.
Nun kontrollieren die oppositionellen Demokraten beide Kammern des
Parlaments. Regierungskreisen zufolge wird Bush seine neue Irak-Politik am
Dienstag vorstellen.