19 mal scheiterte die Präsidentenwahl im Libanon. Jetzt einigten sich die Konfliktparteien auf einen Kandidaten. Ende der Woche soll gewählt werden.
Die libanesischen Konfliktparteien haben am Mittwoch unter der Schirmherrschaft der Arabischen Liga ein Abkommen unterzeichnet, mit dem die seit 18 Monaten andauernde Staatskrise beendet werden soll. Die Zeremonie fand in Doha, der Hauptstadt von Katar, statt, wo die Vertreter der pro-westlichen Mehrheitskoalition und des von Syrien und dem Iran unterstützten Oppositionsbündnisses fünf Tage lang verhandelt hatten. Die Einigung macht den Weg für das Parlament in Beirut frei, den Kompromisskandidaten, Armeechef General Michel Sleimane, möglicherweise schon am Donnerstag zum neuen Staatspräsidenten zu wählen. Das Amt ist seit November vakant, als das Mandat von Präsident Emile Lahoud endete.
Vetorecht für Opposition
Das Streitbeilegungs-Abkommen
sieht die Bildung einer Allparteienregierung mit einem Vetorecht für die
jetzige Opposition vor. Die Delegation der Mehrheitskoalition "Kräfte des
14. März" wurde vom sunnitischen Premierminister Fouad Siniora,
Mehrheitsführer Saad Hariri und Drusenführer Walid Joumblatt geleitet, jene
des Oppositionsbündnisses vom schiitischen Parlamentspräsidenten Nabih Berri
und dem Chef der christlichen Freien Patriotischen Bewegung, Ex-General
Michel Aoun. Die schiitische Hisbollah vertrat der Fraktionschef im
Parlament, Mohammed Raad, nicht jedoch ihr Führer Hassan Nasrallah.
Künftiger Präsident ist maronitischer Christ
Der
künftige libanesische Staatspräsident, General Michel Sleimane (Suleiman),
dessen Wahl durch das Parlament in Beirut von den gegnerischen Lagern
vereinbart worden ist, steht seit Dezember 1998 als Oberkommandierender an
der Spitze der Armee, die nach dem Bürgerkrieg (1975-90) unter strenger
Berücksichtigung des Religionsproporzes neu aufgebaut wurde und die einzig
intakte Institution des Zedernstaates ist. Der maronitische Christ wurde am
21. November 1948 in der Ortschaft Amchit bei Jbeil (Byblos) geboren. Er ist
verheiratet und Vater von drei Kindern.
Als Armeechef löste Sleimane General Emile Lahoud ab, als dieser zum Staatspräsidenten gewählt wurde. Zuvor war Sleimane, der unter anderem in Frankreich und Belgien ausgebildet wurde, Sekretär des Generalstabs, Chef des Militärgeheimdienstes und Brigadekommandant. Er erwarb ein Lizentiat der Politikwissenschaft der Beiruter Universität und spricht Arabisch, Französisch und Englisch.
Sleimane findet breite Unterstützung
Michel Sleimanes
Kandidatur war von der von Syrien und dem Iran unterstützten Opposition
vorgeschlagen und von der antisyrischen Mehrheitskoalition mitgetragen
worden, obwohl den General - ebenso wie Lahoud - ein Vertrauensverhältnis
mit der syrischen Führung verband. Aber auch von den USA wird Sleimane
akzeptiert. Die schiitische Hisbollah attestierte ihm im Krieg gegen Israel
im Sommer 2006 ein solidarisch-patriotisches Verhalten. Und bei den jüngsten
Unruhen in Beirut mit 82 Toten erzwang der Armeechef die Aufhebung der
Regierungsbeschlüsse, die gegen das Hisbollah-eigene Telekommunikationsnetz
gerichtet waren und von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah als
"Kriegserklärung" aufgefasst wurden.
Eher reserviert steht der maronitisch-katholische Patriarch, Kardinal Nasrallah Boutros Sfeir, dem General gegenüber. Sfeir hatte sich prinzipiell gegen die Wahl eines Militärs zum Staatsoberhaupt ausgesprochen. Hauptfeind Sleimanes ist die Extremistengruppe "Fatah al-Islam", die den Armeekommandanten beschuldigte, das Blutbad in dem Flüchtlingslager Nahr al-Bared bei Tripoli mit mehr als 400 Toten "im Auftrag der USA" angerichtet zu haben, die ihm dafür den libanesischen Präsidentensessel versprochen hätten.
Erinnerung an Libanon-Krise
Das nunmehrige Szenario erinnert an
die Libanon-Krise vor 50 Jahren. Diese war durch die Konfrontation zwischen
dem pro-westlichen christlichen Präsidenten Camille Chamoun und den
muslimischen Anhängern der panarabischen Politik des ägyptischen Staatschefs
Gamal Abdel Nasser ausgelöst worden. Am 9. Mai 1958 waren nach der Ermordung
eines oppositionellen Journalisten und dem Versuch Chamouns, durch eine
Verfassungsänderung die Verlängerung seiner Amtszeit zu erzwingen,
mehrwöchige blutige Unruhen in Beirut ausgebrochen. Chamoun musste nach
einer US-Militärintervention zurücktreten, der von den Muslimen akzeptierte
überparteiliche christliche Armeekommandant General Fouad Chehab wurde
Staatspräsident und bildete eine Allparteienregierung. Chehab brachte der
"Schweiz des Nahen Ostens" eine Periode der Stabilität (bis zum Bürgerkrieg
1975-90) und ging als "libanesischer General de Gaulle" in die Geschichte
des Levante-Landes ei