Ende der Ampel

Olaf Scholz: Vertrauensfrage im Jänner, Neuwahlen im März möglich

06.11.2024

Die deutsche Ampel-Koalition ist gescheitert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) entlasse Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit der Deutschen Presse-Agentur mit. 

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"Wir brauchen eine Handlungsfähige Regierung, die auch die Kraft hat, die notwendigen Entscheidungen für unser Land zu treffen", sagte Olaf Scholz in einem Pressestatement am Mittwochabend. Mit deutlichen Worten übte Scholz Kritik an Christian Lindner: „Zu oft hat Bundesminister Lindner Gesetze sachfremd blockiert, zu oft kleinkariert parteipolitisch taktiert, zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen.“ 

Als Bundeskanzler habe Olaf Scholz die Pflicht, das Beste für das Land im Blick zu haben. Mit Lindner in der Regierung sei das nicht mehr möglich.

Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) steht an Scholz' Seite: Die Entscheidung fühle sich "falsch" und "nicht richtig" an und sei "geradezu tragisch an einem Tag wie diesem". Und die Entscheidung wäre laut Habeck nicht notwendig gewesen: Lösungsmöglichkeiten für das Budgetloch hätten auf dem Tisch gelegen. "Doch die FDP war nicht bereit, den richtigen Weg zu gehen." 

Lindner: Scholz habe Bruch "kalkuliert"

 Der entlassene deutsche Finanzminister Christian Lindner wirft Bundeskanzler Olaf Scholz vor, den Bruch der Ampel-Koalition orchestriert zu haben. Er habe Scholz vorgeschlagen, das Land wirtschaftlich voranzubringen. Die Gegenvorschläge des Kanzlers seien aber "matt" und "unambitioniert" gewesen, sagt Lindner in Berlin. Scholz habe mit seinem "genau vorbereiteten Statement" einen "kalkulierten Bruch der Koalition" herbeiführen wollen.

 "Olaf Scholz hat leider gezeigt, dass er nicht die Kraft hat, unserem Land einen neuen Aufbruch zu ermöglichen. Stattdessen hat der Bundeskanzler seit heute Nachmittag ultimativ von mir verlangt, die Schuldenbremse des Grundgesetzes auszusetzen."

Wie geht es jetzt weiter? 

Deutschland brauche schnell Klarheit, sagte Scholz. Bis Weihnachten wolle die Regierung aus diesem Grund dem Bundestag alle Gesetzentwürfe vorlegen, die keinen Aufschub mehr dulden. Dazu gehören nach seinen Worten die Stabilisierung der Rente sowie Sofortmaßnahmen für die Industrie.

Die letzte Sitzung ist am 20. Dezember. Am 15. Jänner wolle Scholz dann die Vertrauensfrage stellen, sodass im März Neuwahlen möglich wären.

Lindner schlug den Angaben zufolge vor, dass die Ampel-Parteien, wie 2005 gemeinschaftlich schnellstmöglich Neuwahlen für Anfang 2025 anstreben sollten, um "geordnet und in Würde" eine neue Regierung für Deutschland zu ermöglichen. Die FDP wäre bereit, noch den Nachtragshaushalt 2024 gemeinsam zu beschließen und einer geschäftsführenden Bundesregierung anzugehören.

Beratungen zum Haushaltsloch

Zuvor hatten die Spitzen von SPD, Grünen und FDP zweieinhalb Stunden beraten, um Wege aus der Ampel-Krise zu finden. Im Kern ging es darum, wie das Milliardenloch im Haushalt 2025 gestopft und die schwer angeschlagene deutsche Wirtschaft wieder auf Trab gebracht werden kann.

Lindner hat schon vor einiger Zeit den "Herbst der Entscheidungen" für die Koalition ausgerufen. Er meinte damit vor allem den Haushalt für das nächste Jahr, der am 29. November im Bundestag verabschiedet werden sollte. Daneben ging es ihm um eine Strategie, wie Deutschland aus der Wirtschaftskrise geführt werden soll. Dazu hat er Vorschläge gemacht, die den Streit in der Koalition eskalieren ließen. In seinem Konzept für eine Wirtschaftswende fordert Lindner unter anderem die endgültige Abschaffung des Solidaritätszuschlags auch für Vielverdiener und einen Kurswechsel in der Klimapolitik.

Fördermilliarden zum Stopfen

Gegen solche Ideen gab es erheblichen Widerstand bei SPD und Grünen. Habeck war Lindner aber auch einen Schritt entgegengekommen. Er hat sich am Montag bereit erklärt, die nach der Verschiebung des Baus eines Intel-Werks in Magdeburg frei werdenden Fördermilliarden zum Stopfen von Haushaltslöchern zu verwenden.
 

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