Das Verteidigungsministerium wusste offenbar mehr, als es zugeben wollte. Derweil wird eine Truppenaufstockung diskutiert.
Das deutsche Verteidigungsministerin hat einem Bericht der "Bild"-Zeitung zufolge offenbar Informationen zu dem Luftangriff auf zwei entführte Tanklaster Anfang September in Afghanistan vor der Öffentlichkeit und der ermittelnden Staatsanwaltschaft zurückgehalten. Wie das Blatt unter Berufung auf vorliegende "geheime Berichte" der Bundeswehr und ein Video des Luftangriffs aus einem der beteiligten Kampfflugzeuge berichtet, hätte der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) bereits viel früher über mögliche zivile Opfer informiert sein müssen als bisher bekannt.
Sein Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg habe bereits eine Untersuchung eingeleitet, schreibt das Blatt. Auf Anfrage wollte ein Ministeriumssprecher den Vorausbericht der "Bild" zunächst nicht kommentieren.
Guttenberg will Konsequenzen ziehen
Wie die Zeitung weiter
schreibt, dokumentiert eine Untersuchung der Feldjäger detailliert, zu
welchem Zeitpunkt Informationen über zivile Opfer vom deutschen
Regionalkommando in Mazar-i-Sharif ans Einsatzführungskommando der
Bundeswehr in Potsdam übermittelt wurden. Dieser Bericht wurde nach
"Bild"-Informationen aber nicht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.
Bereits am 4. September habe es demnach Hinweise darauf gegeben, dass auch
Kinder bei dem Angriff verletzt worden seien. Auch belegten der Bericht und
das Video schwere Versäumnisse bei der Aufklärung unmittelbar vor dem
Bombenabwurf, schreibt das Blatt weiter.
Verteidigungsminister Guttenberg sagte der "Bild"-Zeitung zufolge: "Sollten mir zu Kunduz nicht alle relevanten Informationen aus der letzten Legislaturperiode vorgelegt worden sein, werde ich unverzüglich Konsequenzen ziehen müssen."
Truppen werden aufgestockt
Derweil wurde bekannt, dass die
deutsche Bundeswehr ihren Einsatz in Afghanistan deutlich ausweiten will. Der
"Kölner Stadt-Anzeiger" berichtet unter Berufung auf
Koalitionskreise, im Verteidigungsministerium werde überlegt, die
Truppenstärke auf bis zu 6500 Soldaten zu erhöhen. Weitere Details nannte
das Blatt zunächst nicht. Derzeit liegt die Obergrenze für den Einsatz im
Rahmen der Internationalen Stabilisierungstruppe ISAF bei 4500
Bundeswehrsoldaten.
Die deutsche Regierung will nach der für Anfang 2010 geplanten internationalen Afghanistan-Konferenz über ihr weiteres Vorgehen entscheiden. US-Präsident Barack Obama will am kommenden Dienstag seine neue Strategie für den Afghanistan-Einsatz vorstellen.