Im Wortlaut
Die Erklärung von Erbprinz v.u.z. Liechtenstein
19.02.2008
Das Fürstentum prüft nun Rechtsschritte gegen Deutschland. Lesen Sie hier die Erklärung von Erbprinz von und zu Liechtenstein.
"Liechtenstein will als souveräner Staat respektiert werden. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen der deutschen Steuerbehörden wurden kritische Berichte über das Fürstentum Liechtenstein und die LGT-Bank veröffentlicht. (...) Wir lehnen das Vorgehen der deutschen Regierung und ihrer Behörden entschieden ab. Wenn die Medieninformationen stimmen, dann hat der deutsche Finanzminister und eine Reihe von Staatsbediensteten einem verurteilten Rechtsbrecher mehrere Millionen für gestohlene Daten zukommen lassen. (...) Eine derartige Vorgehensweise wäre in Liechtenstein sowie in etlichen anderen Staaten rechtlich völlig undenkbar. Bei uns können fiskalische Interessen nicht über rechtsstaatliche Prinzipien gestellt werden.
Schutz der Privatsphäre
Liechtenstein baut seine
Staatsphilosophie auf dem Vertrauen gegenüber seinen Bürgern auf. In der
Liechtensteinischen Verfassung wird dem Schutz der Privatsphäre ein
besonderer Wert beigemessen. Ein Aspekt dabei ist das Bankgeheimnis. Wir
gehen grundsätzlich davon aus, dass sich unsere Bürger an geltende Gesetze
halten. Dieses Vertrauen allen Bürgern gegenüber hat sich in der
Vergangenheit bewährt. Und wir haben dieses Vertrauen grundsätzlich auch in
unsere ausländischen Kunden. Gleichzeitig haben wir aber in Liechtenstein in
den letzten Jahren eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, um den Finanzplatz
Liechtenstein sauber zu halten und internationale Standards entsprechend zu
regulieren. (...)
Wir können und wollen aber nicht ein überreguliertes Kontrollwesen aufbauen. Eine Bespitzelung der Bürger ist bei uns nicht denkbar, schon gar nicht über die Landesgrenzen hinweg. Lassen Sie mich den Sprecher des deutschen Finanzministers zitieren: "Das Problem sind nicht primär die Möglichkeiten in Liechtenstein, sondern das Problem ist die kriminelle Energie deutscher Steuerhinterzieher". Diese Analyse teilen wir. (...) Offensichtlich hat die deutsche Regierung immer noch nicht verstanden wie man mit Staaten umgeht, die eine direkte Demokratie kennen. Selbst ein gutes Verhandlungsergebnis wird nun in Liechtenstein viel schwieriger umsetzbar sein.
Darf ein Staat Gesetze brechen?
Im Zusammenhang mit der in den
Medien beschriebenen Vorgehensweise stellen sich für uns folgende Fragen: 1.
Darf ein Staat unter Bruch der Gesetze des befreundeten Staates und
wahrscheinlich auch unter Bruch seiner eigenen Gesetze Daten beschaffen? 2.
Darf ein Staat Menschen öffentlich an den Pranger stellen und ihren Ruf
öffentlich beschädigen, bevor ein Verdacht gerichtlich geklärt ist? 3. Seit
wann ist es für deutsche Staatsbürger verboten, ihr Vermögen in Stiftungen
einzubringen? Derartige Bestimmungen sind im deutschen Recht nicht
enthalten. 4. Wir sind ein kleines Land und sind angewiesen auf
gutnachbarliche Beziehungen. Wir sind aber auch ein souveräner Staat und wir
leben hoffentlich in einer Zeit, wo nicht das Recht des Stärkeren, sondern
das Völkerrecht und internationale Abkommen zur Geltung kommen.
Deutschland möchte in einem Europa, das sich zu den Grundprinzipien des demokratischen Rechtsstaates bekennt, wieder eine führende Rolle spielen. Ist so eine Vorgangsweise gegenüber einem der kleinsten europäischen Staaten mit den Grundprinzipien des demokratischen Rechtsstaates wirklich vereinbar? Liechtenstein wie die LGT-Bank durfte aber trotz oder vielleicht gerade auch wegen der bedenklichen Vorgehen Deutschlands eine Welle der Solidarisierung erfahren.
Steuerproblem nicht gelöst
Schliesslich möchte hier
bemerken, dass Deutschland mit seinem Angriff auf Liechtenstein nicht das
Problem mit seinen Steuerzahlern löst. Wie ich gestern den deutschen Medien
entnehmen konnte, hat eine internationale Studie das deutsche Steuersystem
als das schlechteste weltweit eingestuft noch nach Haiti. Deutschland sollte
seine Steuergelder besser dafür einsetzen, um sein Steuersystem in den Griff
zu bekommen, als Millionenbeträge für Daten auszugeben, deren rechtliche
Verwertbarkeit zweifelhaft ist. (...) Als Staatsoberhaupt des Fürstentums
Liechtenstein nehme ich die jüngsten Vorgänge besorgt zur Kenntnis. Wir
werden weitere rechtliche Schritte überprüfen, um unsere Bürger und auch die
Anleger, die uns vertrauen, vor derartigen Untersuchungsmethoden, die in
Liechtenstein gesetzlich nicht gedeckt sind, zu schützen. (...)"