EU-Vertrag
Die Optionen nach dem Nein der Iren
13.06.2008
Die EU steckt in einer tiefen Krise. Der EU-Vertrag kommt wegen dem Veto aus Irland nicht. Folgende Optionen gibt es nun.
Damit der EU Vertrag wie geplant Anfang 2009 in Kraft treten kann, müssen alle 27 EU-Staaten zustimmen. Irland stimmte per Referendum ab - und die Iren lehnten ab. Daher kann das Regelwerk in der vorgesehenen Form nicht in Kraft treten. Einen "Plan B" gibt es offiziell zwar nicht, aber mehrere Optionen liegen auf dem Tisch:
ZWEITES REFERENDUM IN IRLAND:
Denkbar wäre eine zweite
Volksabstimmung in Irland. Dafür gibt es ein Vorbild: Als der Vertrag von
Nizza 2001 am Nein der Iren scheiterte, legte ihn die Regierung in Dublin
2002 noch einmal zur Abstimmung vor, diesmal mit Erfolg. Dafür müsste der
Lissabon-Vertrag abgeändert werden, um EU-Skeptikern entgegenzukommen. Das
zum 1. Jänner 2009 geplante Inkrafttreten des Vertrags würde sich damit
voraussichtlich verzögern. Diese Option kann nur dann greifen, wenn andere
europaskeptische Länder wie Großbritannien und Polen ihre Ratifikation nach
dem irischen Nein nicht auf Eis legen. Ist der Vertrag von allen Staaten
ratifiziert, steht Irland unter Druck, einen Ausweg aus der Krise zu finden.
Allerdings könnten die irischen Vertragsgegner diesmal argumentieren, dass
die EU-Verfassung nach dem Nein in Frankreich und den Niederlanden ebenfalls
fallengelassen wurde.
EIN NEUER EU-VERTRAG:
Als unwahrscheinlich gilt ein dritter
Anlauf für einen komplett neuen EU-Vertrag. Schon der deutschen Kanzlerin
Angela Merkel gelang es nur unter größten Mühen, den Lissabon-Vertrag unter
deutschem EU-Vorsitz im Juni 2007 gegen Briten und Polen durchzusetzen.
Allerdings galt auch nach dem Scheitern der EU-Verfassung 2005 ein neuer
Reformvertrag zunächst als ausgeschlossen.
WEITER MIT DEM NIZZA-VERTRAG:
Mangels neuer Grundlage muss die EU
zunächst mit dem Nizza-Vertrag weiterarbeiten, der seit Februar 2003 in
Kraft ist. Das Problem: Der Vertrag sieht noch viele nationale
Vetomöglichkeiten vor, was die Arbeit mit 27 EU-Mitgliedern erschwert. Zudem
ist der Einfluss des Europaparlaments begrenzt. Bei jeder neuen
EU-Erweiterung - Kroatien könnte schon 2010 beitreten - müssen die
Stimmrechte der EU-Staaten zudem aufwendig neu ausgehandelt werden. Der
Lissabon-Vertrag sollte in allen Punkten Abhilfe schaffen.
EUROPA DER ZWEI GESCHWINDIGKEITEN:
Da einstimmige Entscheidungen
im wachsenden Europa schwieriger werden, sehen bereits die geltenden
EU-Verträge die Möglichkeit einer "verstärkten Zusammenarbeit"
vor. Damit können einige Mitgliedstaaten die Integration vorantreiben, auch
wenn sich andere nicht beteiligen wollen. Dieses "Europa der zwei
Geschwindigkeiten" ist umstritten. Ein Beispiel ist der Schengen-Raum
ohne Grenzkontrollen, dem Großbritannien und Irland nicht angehören, oder
auch die gemeinsame Währungspolitik. Neben Großbritannien verweigern sich
auch Dänemark und Schweden dem Euro, nachdem ihre Bürger in
Volksabstimmungen (2000 und 2003) gegen eine Aufgabe ihrer Landeswährungen
gestimmt hatten.