Benedikt XVI. muss mit einem "unterkühltem Empfang" in Ankara rechnen. Seine umstrittene Rede ist in der Türkei nicht vergessen.
Eines steht schon vor dem Abflug in die Türkei fest: Es wird die schwierigste, die heikelste Reise des Papstes seit seiner Wahl im April 2005. Keine jubelnden Menschenmassen werden erwartet, es wird keine Messen vor Millionenpublikum geben. Stattdessen ist bei dem viertägigen Besuch in Ankara, Ephesus und Istanbul (28. November bis 1. Dezember) die höchste Sicherheitsstufe angesagt. Erstmals reist Benedikt XVI. in ein Land mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit. "Der Papst wird jedes Wort seiner Reden genau abklopfen", meint ein Vatikankenner in Rom. " Ein falsches Wort, und das Verhältnis zum Islam steht in Flammen."
"Unterkühlten Empfang" erwartet
In der Türkei ist die umstrittene Regensburger Rede des Papstes zum Thema Islam und Gewalt nicht vergessen. Der Besuch, der in erster Linie der Ostkirche gilt, erweckt kaum Hoffnungen auf den Beginn eines Dialogs zwischen Christentum und Islam. "Es dürfte ein unterkühlter Empfang werden", meinen viele Türken. Zudem steht ein höchst politisches Thema im Raum, das Für und Wider eines türkischen EU-Beitritts. Als er noch Kardinal Joseph Ratzinger hieß, war Benedikt strikt dagegen. "Als Papst wird er sich dazu wohl kaum äußern", heißt es in Rom. Die christlichen Kirchen, insbesondere in Deutschland, pochen darauf, dass Ankara den Christen die Rechte einräumen müsse, die muslimische Gläubige in europäischen Ländern beanspruchen.
Viele Muslime in der Türkei haben genau zur Kenntnis genommen, dass der Papst seine Äußerungen zum Thema Islam und Gewalt nicht zurückgenommen hat. Er bedauerte, dass seine Rede missverstanden worden sei. Der Papst hatte im September an der Universität Regensburg den byzantinischen Kaiser Manuel II. Palaiologos (1350-1425) mit den Worten zitiert, der Prophet Mohammed habe " nur Schlechtes und Inhumanes" gebracht, "wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten". Vatikankenner waren damals über die scharfe Sprache sofort erschrocken und verwundert, auch wenn es sich nur um ein Zitat handelte.
Rede des Papstes als "Fehltritt"
Der streitbare Leiter der türkischen staatlichen Religionsbehörde, Ali Bardakoglu, macht jedenfalls keinen Hehl daraus, dass eine förmliche Entschuldigung Benedikts besser gewesen wäre, um die Wogen zu glätten. Es brauche Zeit, den "Fehltritt" des Papstes "gänzlich zu vergessen", meint er. Immerhin: Der Papst wird Bardakoglu zum persönlichen Gespräch treffen. In Ankara wird es geradezu als "Geste des Entgegenkommens" gewertet, dass Benedikt XVI. gleich zu Beginn seines Besuches Bardakoglu seine Aufwartung macht. Sonst ist das Programm nach der Ankunft am Dienstag in Ankara eher schmal - Höflichkeitsbesuch beim Staatspräsidenten Ahmet Necdet Sezer, Besuch im Mausoleum von Mustafa Kemal Atatürk (1881-1938), dem Gründer der modernen Türkei. Die erste Messe gibt es erst am Mittwoch auf einem Zwischenstopp in Ephesus, der alten biblischen Siedlung in der Nähe von Izmir.
Höhepunkt der Reise ist Istanbul, das alte Konstantinopel, Metropole zwischen Orient und Okzident - und Sitz des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I., des Oberhaupts der Weltorthodoxie. Bereits seit seiner Wahl bekräftigt Benedikt immer wieder, wie ernst es ihm mit der Ökumene - vor allem gegenüber den Orthodoxen - sei. Bartholomaios I. gilt als Mann ohne Berührungsängste. Seit Jahren gab es zwischen Rom und den Ostkirchen keinen echten Schritt mehr zu mehr Gemeinsamkeit. Im Phanar in Istanbul soll es nun eine gemeinsame Erklärung geben.